: Kurde bittet erfolglos in Mainz
Petitionsausschuß in Rheinland-Pfalz lehnte es ab, sich für von Folter bedrohtes Ex-Mitglied der in der Türkei verbotenen Partei PKK einzusetzen / Auch SPD für Abschiebung / Seit einem Jahr in Abschiebehaft ■ Aus Mainz Felix Kurz
Dem seit knapp einem Jahr in Abschiebehaft sitzenden Kurden Bilal Asci drohen jetzt doch Ausweisung, Folter und möglicherweise sogar die Todesstrafe in der Türkei, nachdem es der Petitionsausschuß des rheinland-pfälzischen Landtages gestern abgelehnt hat, sich für den Kurden einzusetzen. Der 38jährige Bilal Asci war nach eigenen Angaben Mitglied der in der Türkei verbotenen kurdischen Partei PKK. Ihre Mitglieder sind in der Türkei einer beispiellosen Verfolgung durch die Behörden ausgesetzt.
Bereits 1980 hatte Bilal Asci in der Bundesrepublik erfolglos einen Antrag auf Anerkennung als Asylbewerber gestellt. Am 20.7.84 verließ er deshalb wieder die Bundesrepublik. In der Türkei wurde er daraufhin, nach Angaben seines Rechtsanwalts Rudolf Renner, von den türkischen Behörden inhaftiert und gefoltert. Asci gelang jedoch die Flucht, und 1985 stellte er erneut einen Asylantrag. Wieder ohne Erfolg.
Den von ihm dann am 10.8.87 gestellten Asylfolgeantrag wies die Ausländerbehörde der Kreisverwaltung Mainz-Bingen als „unbeachtlich“ zurück mit der Folge, daß der Fall Bilal Asci nicht einmal mehr dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge gemeldet wurde. Gegen dieses Vorgehen der Ausländerbehörde klagte Asci. Wie gehabt, ohne Erfolg. Die Gerichte (Verwaltungsgericht Mainz und Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz) hielten Asci für unglaubwürdig.
Inzwischen jedoch liegt ein Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Mainzer Universität zu der Frage vor, ob bei dem Kurden Verletzungsspuren, die von Folterungen herrühren können, nachweisbar sind. Der Gutachter, Professor Rittner: „Die bei der körperlichen Untersuchung des Herrn Asci nachgewiesenen Verletzungsspuren sind als Folgen einer Folterung, wie sie von Herrn Asci behauptet wird, erklärbar.“ Allerdings seien diese Verletzungsspuren so unspezifisch, daß sie auch andere Ursachen haben könnten. In seinem Gutachten geht er auch darauf ein, daß Bilal Asci seine Schilderungen über Elektroschocks an ihm nur aus der eigenen Erfahrung gemacht haben kann. So hatte Asci erst auf Befragen angegeben, sein Urin sei nach den Folterungen blutig gefärbt gewesen.
Das alles interessierte den rheinland-pfälzischen Petitionsausschuß gestern nicht. Auch die SPD-Riege im Ausschuß stimmte geschlossen gegen den Petenten. Nach Angaben von Rechtsanwalt Renner haben die türkischen Behörden jetzt einen Haftbefehl mit Datum vom 13.8.88 gegen seinen Mandanten nachgereicht. Renner sagte gegenüber der taz, Bilal Asci habe eine „solche Angst“ vor dem türkischen Regime, daß er sogar die jetzt knapp ein Jahr dauernde Abschiebehaft in Kauf genommen habe. Sowohl die Gefangenenhilfsorganisation amnesty internationel als auch der Arbeitskreis Asyl Rheinland Pfalz gehen davon aus, daß Bilal Asci bei einer Rückkehr in die Türkei „mit Sicherheit erneut Inhaftierung und Folter drohen“.
Anders als der rheinland-pfälzische Innenminister Rudi Geil (CDU) - er hat bereits öffentlich erklärt, Bilal Asci werde auf jeden Fall abgeschoben - sieht Justizminister Peter Caesar(FDP) die Situation des Kurden. In einem Brief des Justizministeriums vom 14.1.88 an Bilal Asci heißt es, daß selbst bei einem erfolglosen Asylantrag der Kurde nicht in die Heimat abgeschoben werde könne, weil er dort schwerwiegende Mißhandlungen durch Sicherheitskräfte zu befürchten habe.
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