: Francis Bebey
Wer Bayreuth kennt, der weiß, daß hier Richard Wagner, der Sport und die Beamten den meisten Platz wegnehmen. Doch im Herzen der Stadt findet man eine Nische, in der eine für die oberfränkische Provinzhauptstadt sehr erstaunliche Einrichtung existiert: das Iwalewa-Haus (das Wort stammt aus der Sprache der Yoruba und bedeutet: Charakter ist Schönheit). In diesem Haus, das parallel zum Afrikanistik und Ethnologie-Studiengang an der ansonsten von Juristen und Betriebswirtschaftlern beherrschten Uni eingerichtet wurde, findet eine punktuelle Verschmelzung verschiedener Kulturen statt. Zum Angebot gehören Ausstellungen, Lesungen, Filme und Konzerte.
So kommt es, daß auf ihrem Weg in diesem Netz ab und zu auch große Künstlerpersönlichkeiten auf Bayreuth stoßen, die mit Wagner nur ganz wenig zu tun haben: Zuletzt gastierte hier der Schriftsteller und Musiker Francis Bebey, der als (nicht ernannter) Botschafter in Sachen Weltkultur unterwegs ist und in Bayreuth - deutschlandexklusiv - eine Lesung hielt, einen Workshop veranstaltete und ein Konzert gab, das viele Bayreuther freilich erst aufhorchen ließ, als der „Senghor der Musik“ ('L'Express‘) schon wieder weg war.
Der in Duala, Kamerun, geborene Bantu Bebey wurde an französischsprachigen Schulen erzogen und sollte auf Wunsch seiner Familie einen standesgemäßen Beruf ergreifen. So wurde er erst Radioreporter in verschiedenen afrikanischen Ländern und später Angestellter der UNESCO. Bei dieser Organisation war er zuerst für den Schulfunk tätig. Bevor er 1974 den Entschluß faßte, nur noch künstlerisch tätig zu sein, war er verantwortlich für den gesamten Bereich Musik bei der UNESCO.
Er widmete sich dem Studium der klassischen Gitarre, die er als Autodidakt erlernt hatte - für einen Lehrer gab es kein Geld - und komponiert seither hauptsächlich Stücke für dieses Instrument, für das er auch eine neue, perkussive Technik entwickelte, die manchem sehr orthodoxen Klassikgitarristen wohl als Sakrileg erscheinen mag. Dem Gitarristen Bebey jedoch ermöglicht gerade diese Spieltechnik eine Synthese der Musik aus zwei Welten, die auch erkennbar wird, wenn er singt: In seinen Liedern vermischen sich europäische Gesangsstile und afrikanische Singtechniken - er jodelt (eine Technik, die nicht nur von Bayern, sondern auch von den Buschmännern gesungen wird), läßt Falsett und „Doppelstimme“ erklingen („Die eine Stimme drückt das aus, was man geben, die andere das, was man zurückhalten will.“) und singt Melodien, die ihren rhythmisch-dualistischen Reiz daraus beziehen, daß auch beim Einatmen die Stimmbänder klingen: auch dieses hat er von den Pygmäen gelernt.
Als Junge, dem von seinen Eltern das Hören traditioneller Musik verboten war, der in der Schule französische Winzerlieder singen mußte und für die Komposition eines Liedes über die Schönheit des Kamerun-Berges bestraft wurde, schlich er sich oft zu einem „Magier“, der ihn in die Geheimnisse der Sanza, des „Fingerklaviers“ einweihte.
Seit seinem Abschied von der UNESCO hat Bebey neun Bücher veröffentlicht (vier davon sind Romane, sein Werk „Music in Africa“ ist eines der kompetentesten musikethnologischen Bücher über den schwarzen Kontinent) und zwei Filme gedreht, den Spielfilm „Sonate en bien majeur“ und einen Super-8 -Tonfilm über schwarzafrikanische Musik. Er gab Konzerte in 56 Ländern und hat 18 LPs aufgenommen, für die er eigene Texte und solche von anderen bekannten afrikanischen Lyrikern verwendete. 1972 hat er den großen Literaturpreis Schwarzafrikas und fünf Jahre später den Preis des französisch-sprachigen Chansons erhalten.
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