: Krankheit kommt teuer zu stehen
■ Koalition beschließt bei Gesundheitsreform Einsparung von einer Milliarde Mark / Brillenzuschüsse halbiert / Krankenhaus-Zuzahlung verdoppelt / FDP macht bei Abtreibungsfinanzierung Rückzieher
Bonn (ap/taz) - Die Bonner Koalition hat am Donnerstag weitere Einsparungen bei der Gesundheitsreform von rund einer Milliarde beschlossen, mit denen die Leistungsänderungen finanziert werden sollen. Wie aus Partei - und Regierungskreisen verlautete, wurden unter anderem der Kassenzuschuß für Brillen halbiert und die tägliche Zuzahlung bei Krankenhausaufenthalt verdoppelt. Außerdem sollen weitere Medikamente, etwa bestimmte Psychopharmaka und Durchblutungsmittel, nicht mehr von der Kasse bezahlt werden.
Nach den Vereinbarungen der Koalitionsfachleute sollen Brillenträger künftig nicht mehr alle drei Jahre Anspruch auf eine neue Brille haben, sondern nur noch bei einer Veränderung der Sehstärke um mindestens 0,5 Dioptrien. Der Zuschuß für das Gestell wird von 40 auf 20 Mark gekürzt. Wer ins Krankenhaus muß, soll ab 1991 zehn statt bisher fünf Mark pro Tag dazuzahlen. Beim Zahnersatz bleibt es bei einer Kürzung des Zuschusses auf grundsätzlich 50 Prozent, der je nach Art auf 40 bis 60 Prozent abgewandelt werden könne. Dazu wird ein „Bonus“ von zehn (statt bisher geplant: 15) Prozent gezahlt, der ab 1991 (bisher 1992) wegfällt, wenn der Versicherte keine regelmäßige Zahnvorsorge nachweisen kann.
Die Spitzen von CDU/CSU und FDP hatten sich am Mittwoch auf eine Reihe von Änderungen an dem Gesetzentwurf geeinigt. Danach soll u.a. das Sterbegeld für alle heute Versicherten bis zu einem Höchstbetrag von 2.100 Mark beibehalten werden. Bei Festbeträgen für Arzneimittel kam die Union der FDP mit einer Schutzklausel für patentgeschützte Mittel entgegen. Die Änderungen führen jedoch zu geringeren Einsparungen, so daß sich eine Expertenkommission noch einmal mit der Finanzierung beschäftigen muß.
Die FDP hat jetzt ihre Bedenken gegen den Verbleib der Abtreibungsfinanzierung in der Reichsversicherungsordnung (RVO) aufgegeben. Im Gesundheitsreformgesetz wird es auch keinen Verweis auf die RVO geben. Damit haben die AbteibunsgegnerInnen der Unionsparteien einen Punktsieg errungen. Sie können der Gesundheitsreform jetzt ruhigen Gewissens zustimmen.
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