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AM HEISSEN BUFFET

■ Die dänische Band „Picnic“ ist in der Stadt

Gemein: Laute Musik Sonntag nachmittags um eins. Nach einer Samstagnacht mit den längsten aller Bierstrecken. Tief in dem schwarzen Loch, wo schon das Geräusch klonkernder Dosen Anfälle verursacht und einem der Kopf dröhnt vom allgegenwärtigen „Aspirin!„-Geschrei. Wenn die Schritte unsicher sind und das Licht zu hell und jeder Abstinenz schwört.

Feige: Roskildes Festivalkonsortium arbeitete dieses Jahr entlang bewährter Programmleitlinien - falls überhaupt Experimente, dann zu den ungünstigsten Sendezeiten. Und so hat man das Dänenwunder „Picnic“ ins Vormittagsprogramm (unter Berücksichtigung der Zeitverschiebung) gezwängelt; eine Zeit, in der selbst die Kebap-Brätereien aus Rücksicht auf den angegriffenen Allgemeinzustand darauf verzichten, ihre Maschinen anzuwerfen.

Brutal: Die Arhuser Lokalmatadore kümmerten sich kein Stück um die beklagenswerten Frühschoppengefühle des lahmenden Publikums, sondern servierten „Schlachteplatte Flucht nach vorn“. Kein Herumgesummsel mit musikalischem Kamillentee und akustischem Dünnbier, keine Storch-im-Salat-Avantgarde „Picnic“ rissen gleich mit dem ersten Stück die Tore ihres Forschungszentrums weit auf. Egal, was sie sich vornahmen, sie destillierten aus allen Stilen pure Energie. Swing, Funk, Rock, Bebop und Free - es kommt nur darauf an, was man daraus macht. Weg mit den runzeligen Stellen, das Anspruchsgedöns auf den Müll und her mit den kleinen Starkstrompaketen. Es ist laut in dem kleinen Zelt, die Kopfschmerzen vergessen und die Mundwinkel wandern wieder nach oben. Ungläubige Blicke kursieren zwischen bärtigen Norwegern und übelriechenden Hamburgern, seit zwei Minuten steht jemand auf meinem Fuß und reckt den Hals, der Sänger lacht sich durch ein Stück und der Bassist groovt, bis zum äußersten entschlossen.

Klar macht das Spaß, eine Entdeckungsreise durch Zeitfalten und über Steilhänge. Die Band grinst sich einen, die beiden Bläser können sich zwischen Jahrmarktströte und New York -Untergrund nicht entscheiden, und der Gitarrist ist der festen Überzeugung, daß das gute alte Rockriff selbstverständlich dazupaßt. Tut es auch, obwohl das alles ja eigentlich gar nicht geht. Der branchenübliche Dunstvorhang aus Verträgemachenwollen, Musikgeschichteschreiben und Überzeugungzementieren fällt in sich zusammen, freie Sicht auf die Bühne! In der linken Ecke scratcht ein kleiner Japaner wie besessen, der Trommler spielt sein Set wie ein Dutzend hüpfender Gummibälle. Punktum. Keiner braucht lärmendes Sologewimmere vorzuführen, sie spielen sowieso die ganze Zeit soli, für-, gegen- und umeinanderherum. Noch ein letztes Stück mit dem einprägsamen Text „ronn-ronn-ronn-ronn-rooon“, dann verschwinden sie lachend von der Bühne, das Heer der Totgeglaubten tobt begeistert, der Tag ist gerettet.

rah!„picnic“ heute (Donnerstag) in der Regenbogenfabrik, 20.30 Uhr, morgen (Freitag) im KOB, 22 Uhr.

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