: Zwischenlager im Atomgesetz
Bundesregierung will jetzt Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente gesetzlich regeln / Umweltministerium: „Rechtsunsicherheit klargestellt“ /Rechtsanwalt verlangt neues Genehmigungsverfahren ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Durch eine geplante Änderung des Atomgesetzes versucht die Bundesregierung, die atomaren Zwischenlager in Gorleben und Ahaus und das im Bau befindliche Eingangslager für die WAA in Wackersdorf im nachhinein zu legalisieren. Wie das Bonner Umweltministerium gestern bestätigte, soll bei den für die Einrichtung des Bundesamtes für Strahlenschutz notwendigen Gesetzesänderungen auch der §6 des Atomgesetzes um einen Artikel ergänzt werden, der dann erstmals die Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente regeln würde. Für die „Aufbewahrung bestrahlter Kernbrennstoffe oder kernbrennstoffhaltiger Abfälle in Form von verfestigten und flüssigen Spaltproduktlösungen“ wird mit dem neuen Artikel ein atomrechtliches Genehmigungsverfahren eingeführt.
Nach Darstellung des Bundesumweltministerium wird mit dieser Ergänzung des Atomgeseztes lediglich „eine Rechtsunsicherheit klargestellt“. Der Hamburger Rechtsanwalt Nikolaus Piontek, der sowohl in der Klage gegen das Zwischenlager Ahaus vor dem Bundesverwaltungsgericht als auch in Verfahren gegen die Einlagerung von Castor-Behältern in Gorleben tätig ist, bezeichnete gestern demgegenüber die Gesetzesänderung als „Eingeständnis, daß bisher für die Zwischenlagerung von abgebrannten Brennelementen die Rechtsgrundlage fehlt“. „Diese Auffasung hätten Kläger an den Zwischenlagerstandorten seit sieben Jahren vertreten.“
Die bundesdeutschen Zwischenlager wurden bisher nach einfachem Baurecht errichtet und sollten durch eine „Aufbewahrungsgenehmigung“ nach dem bisherigen §6 des Atomgesetzes betrieben werden. In diesem Paragraphen ist allerdings bisher nur von der „Aufbewahrung von Kernbrennstoffen“, nicht aber von „bestrahlten Kernbrennstoffen“, also abgebrannten Brennelementen die Rede. Eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Genehmigungsverfahren sieht der Paragraph bisher nicht vor. Für Rechtsanwalt Piontek bestätigt die geplante Gesetzesänderung, daß die bisherige Praxis rechtswidrig ist, im Genehmigungsverfahren unbestrahlte Brennelemente, für die der bisherige Paragraph konzipiert war, mit dem Atommüll gleichzusetzen, der in den Zwischenlagern aufbewahrt werden soll.
Die Bundesregierung, so sagte der Rechtsanwalt, müsse nun nach Verabschiedung der Atomgesetznovelle neue Genehmigungsverfahren für Gorleben und Ahaus durchführen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen