: Mossad inszenierte Flugzeugabsturz
Italienischer Staatsanwalt beantragt Haftbefehl gegen Chef des israelischen Geheimdienstes / Mossad für den „Absturz“ einer Dakota im Jahre 1973 in Italien verantwortlich ■ Aus Rom Werner Raith
Aldo Moro, 1978 von den Roten Brigaden entführter und ermordeter Chef der Christdemokratischen Partei, hatte sofort die richtige Intuition: „Das war eine Warnung der Israelis.“ Die Warnung bestand darin, daß am 23.November 1973 nahe Marghera bei Venedig eine C-47 Dakota der italienischen Luftwaffe mit vier Offizieren an Bord abstürzte - aufgrund von Sabotage, wie nun der Abschlußbericht des venezianischen Staatsanwaltschaft erklärt. Der Hintergrund: das Flugzeug hatte unmittelbar zuvor zwei Palästinenser in Libyen abgeliefert, die in Rom mit einer Boden-Luft-Rakete erwischt worden waren.
Doch mehr als ein Dutzend Jahre kam kein Licht in die Sache; die Ursache blieb „ungeklärt“. Erst als 1986 der Geheimdienstgeneral Ambrogio Viviani entsprechende Andeutungen machte - die ihn prompt seinen Posten kosteten kam es zur genaueren Untersuchung. Dabei stellte Untersuchungsrichter Carlo Mastelloni fest, daß der italienische Geheimdienst sehr wohl eine eingehende Ermittlung angestellt und den israelischen Geheimdient als Urheber der Sabotage ausgemacht, dann aber die Ergebnisse vernichtet hatte. Gegen die dafür verantwortlichen Geheimdienstler sind Strafverfahren eingeleitet worden; weiterhin hat die Staatsanwaltschaft Haftbefehle gegen den früheren Leiter des Mossad und dessen Vertreter in Italien erlassen. Die Namen der Verantwortlichen versucht der Richter gerade über regierungsamtliche Anfragen zu ermitteln.
Erstmals wurde mit dem Bericht die bisher hartnäckig geleugnete Mordaktivität des Mossad in Italien festgestellt. Und nach Ansicht einer ganzen Reihe von Terrorismus-Experten war derjenige, der durch die Sabotage „gewarnt“ werden sollte, Aldo Moro selbst. Er war damals gerade Außenminister und für die Freilassung der Palästinenser verantwortlich. Nicht wenige Terrorismus-Experten (und zwei Minderheiten -Berichte der Parlamentskommission zum Fall Moro) gehen davon aus, daß der Mossad, als Moro nicht von seiner palästinenserfreundlichen Haltung abließ, auch seine Hand in der Entführung und späteren Ermordung des Politikers im Spiel hatte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen