Ein trauriger Alleingang

Fußballprofi Eric Willaarts kehrt nach Utrecht zurück  ■  PRESS-SCHLAG

Eine Geschichte aus dem großen Buch der Fußballmärchen: Ein völlig unbekannter Amateurkicker schafft den Sprung in den bezahlten Fußball, schießt innerhalb eines halben Jahres seinen Club aus allen Abstiegsnöten heraus in den UEFA-Cup und wechselt anschließend als gefeierter Star zu einem internationalen Top-Club im Ausland.

Das Märchen nahm seinen Anfang in Wourdenberg, bei einem viertklassigen Verein in der holländischen Provinz. 1986 blätterten hier die Chefeinkäufer des FC Utrecht 10.000 Gulden für einen Stürmer namens Willaarts in die chronisch leere Vereinskasse. Die Investition lohnte sich. Ein knappes Jahr später wurde dieser Eric Willaarts für nahezu den 80fachen Betrag verkauft. 700.000 Mark wechselten über die Grenze, als Borussia Mönchengladbach den Wunderstürmer Anfang der letzten Saison verpflichtete. Frisch und unbekümmert hatte er in der holländischen „Eredivisie“ dem Gegner die Bälle ins Netz gesetzt. 25 mal in 24 Spielen. Als er im letzten Spiel mit drei Treffern dem FC Utrecht die UEFA-Cup-Teilnahme sicherte, rissen ihm die Fans das Trikot vom Leib und trugen ihn auf ihren Schultern vom Platz.

Es sollte der vorerst letzte sportliche Triumph des Eric Willaarts bleiben. In der Bundesliga fiel ihm das Toreschießen plötzlich ungewohnt schwer. Erst im vierten Spiel gelang ihm der erste Treffer. Bald gehörte er nicht mehr zur Stammelf, zwei Knöcheloperationen ließen ihn vollends in der sportlichen Versenkung verschwinden. Zum beruflichen Mißerfolg gesellte sich das Heimweh. Im Cliquensystem der Mannschaft konnte er seinen Platz nicht finden. Während er als Halbprofi in Utrecht auch privat gute Kontakte zu seinen Arbeitskollegen pflegte, fand er sich nun in einer Atmosphäre professioneller Sachlichkeit wieder, in der nur der Erfolg Freunde schafft. Die Beziehung zu seiner Freundin, die mit ihm nach Mönchengladbach gezogen war, zerbrach.

Sein Selbstvertrauen, mit dem er in Utrecht noch Berge versetzen konnte, verlor er in der Fremde: „Früher knallte ich drauf, wenn ich den Ball hatte. Wenn ich nun vor dem Tor stehe, fühle ich mich unsicher, überlege, ob ich den Ball nicht besser abspielen soll. Wenn du dich nicht gut fühlst, getraust du dir nichts und gelingt dir auch nichts.“

Im August bahnte sich ein glückliches Ende des traurigen Alleingangs des Eric Willaarts in Deutschland an. Als der FC Utrecht seinen etatmäßigen Mittelstürmer für eine Million Gulden abgeben konnte, waren sich die Fans über den adäquaten Nachfolger schnell einig. Doch obwohl in Utrecht noch immer Videobänder mit den 25 Willaarts-Toren gehandelt werden, war dem Verein die geforderte Ablösesumme von 600.000 Mark zu hoch. So dauerte es bis zur letzten Woche, daß die beiden beteiligten Clubs eine Lösung fanden. Eric Willaarts wird erstmal bis Ende der Saison an den FC Utrecht ausgeliehen.

Thomas Roser