: RB-Prozeß: Befangenheitsantrag
■ Angeklagter lehnt seinen Richter wegen „Besorgnis der Befangenheit“ ab / Richter wollte Studio-Besetzung auch als Freiheitsberaubung werten / Verteidiger: Entpolitisierung
Im Prozeß gegen die türkischen Besetzer von Radio Bremen ist noch kein Ende abzusehen. Amtsrichter Peter Häfner wollte das Verfahren gestern beschleunigen, erreichte jedoch das Gegenteil: Verteidiger Gerhard Baisch reagierte mit einem Befangenheitsantrag gegen den Richter.
Im Mai dieses Jahres hatten türkische Revolutionäre ein Studio von Radio Bremen besetzt. Sie wollten damit erreichen, daß eine Protesterklärung gegen Polizeiterror in der Türkei über den Sender verlesen wird. Wegen dieser Aktion wird seit dem 28. Ok
tober gegen einen der Besetzer, Halil K., verhandelt. Die Anklage: Nötigung. Er soll Mitarbeiter des Senders gehindert haben, das Studio zu verlassen.
Dieser Sachverhalt, so Richter Häfner zu Beginn der gestrigen Verhandlung, könne zusätzlich auch als Freiheitsberaubung gewertet werden. (vgl. auch taz von gestern) Darauf reagiert Rechtsanwalt Baisch mit einem Befangenheitsantrag. Seiner Meinung nach dient diese prozessuale „Wende“ nur der Beschleunigung des Verfahrens, „koste es, was es wolle“. Das Recht komme
dabei zu kurz. Denn bei der Freiheitsberaubung müßten die politischen Motive der Angeklagten kaum mehr berücksichtigt werden. Nötigung dagegen könne ohne Untersuchung der Motive nicht beurteilt werden. Baischs Resümee: Der Richter wolle den Angeklagten kriminalisieren und den Prozeß „rasch mit einer Verurteilung beenden“.
Darf Häfner nun das Verfahren zu Ende führen, oder wird er abgelöst? Darüber muß jetzt ein Kollegen entscheiden. Der Prozeß wird am Freitag der nächsten Woche fortgesetzt.
mw
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen