piwik no script img

„Ich stecke in einer Klemme“

Interview von Radio 100 mit angeblichem Verfassungsschutzmitarbeiter  ■ I N T E R V I E W

Radio 100: Es wurde mehrfach die Anfrage gestellt, ob ein Mann, der am 28. September während der IWF-Tage festgenommen und am 30. September zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden ist, Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz ist. Bist du der Mann, auf den diese Beschreibung zutrifft?

Antwort: Es war im Prinzip so, daß ich einen Stein geworfen habe, aber eben nicht vor dem Interconti. Ein Polizeibeamter hat eine Zeugenaussage gemacht, er hätte mich vor dem Interconti gesehen, wie ich dort einen Stein hineingeworfen hätte (...) Und dann bin ich gleich danach in Haft genommen und dem Haftrichter vorgeführt worden. Der lehnte eine Haftverschonung ab, weil ich arbeitslos bin, keine sozialen Bindungen und keine eigene Wohnung habe. Der Staatsanwalt schlug mir dann einen Deal vor, daß es eben möglich wäre, am nächsten Tag rauszukommen, wenn ich eine Aussage mache, die mit der Aussage des Polizisten identisch ist. Auf diesen Deal bin ich eingegangen.

Du hast danach dreimal den SPD-Abgeordneten Pätzold aufgesucht. Was war der Grund dieser Besuche?

Ich habe in der Zeitung gelesen, daß die Anfrage so war: „War ein Polizist in Zivil bei Steinwürfen während des IWF beteiligt und wurde er zu einem Jahr Freiheitsentzug auf drei Jahre Bewährung verurteilt?“ In dem Fall habe ich mich mehr oder weniger angesprochen gefühlt. Ich habe erst mal versucht, herauszubekommen, wer den Artikel geschrieben hat. Da wurde mir dann gesagt: „Derjenige, der das aufgebracht hat, ist der Pätzold von der SPD-Fraktion“, und ich solle vielleicht mal den aufsuchen. Er hat mir eben ein Blatt Papier gezeigt, daß er wohl irgendwo zugesteckt bekommen hat, da stand mein Nachname richtig geschrieben drauf und mein Vorname falsch und außerdem mein Geburtsdatum, auch stand da: „Tischler mit Meisterbrief, Elektromonteur?“ Ich bin Elektromonteur. (...) Das Gespräch, basierte im Grunde darauf, daß Pätzold mir gesagt hat, ich hätte ihn zwei Gespräche lang angelogen, ich würde ein guter Schauspieler sein und gute Nerven haben. Ich habe ihm gesagt, daß dies totaler Quatsch ist. Ich weiß gar nicht, wie ich mich verhalten soll. Ich stecke irgendwie in der Klemme. Eine öffentliche Gegendarstellung bringt keiner, Namen wurden nicht öffentlich genannt, also kann ich keinen wegen Verleumdung anzeigen. Die Situation ist für mich beschissen.

Interview: Dieter Rulff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen