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Der Wolf und die drei kleinen Schweinchen

In der Vereinsführung der Frankfurter Eintracht fliegen die Fetzen / Diva vom Main launischer denn je  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Daß der „böse Wolf“ letztendlich von den „drei kleinen Schweinchen“ - dem Ex-Präsidenten Gramlich, dem Schatzmeister Knispel und dem neuen Präsidentschaftskandidaten Ohms - nach nur einer Woche auf dem Präsidentensessel der Frankfurter Eintracht - wieder abgeschossen wurde, behaupten nur böse Zungen. Vizepräsident Bernd Hölzenbein jedenfalls stand bis zum Handtuchwurf des Präsidenten in Treue fest zu Waschstraßenkönig Wolf, der am 16. September überraschend zum Vereinsführer der launischen Diva vom Main gewählt worden war.

Doch „Holz“ - der für die Eintracht in den 70er Jahren die Tore „reinmachte“ - war der einzige Knappe, der dem Car-Wash -Ritter von der traurigen Gestalt eine Woche den Schild hielt. Der Rest des Eintracht-Clans wertete die Wahl von Wolf zum Präsidenten des Rennomierclubs als Betriebsunfall einer Mitgliederversammlung, in der ein selbsternannter „Demokrat“ einen Vereinsordner mit einem trockenen rechten Haken zu Boden schickte und eine „aufgeheizte Menge“ - weit nach Mitternacht - aus einer „Trotzhaltung“ heraus den glücklosen Präsidenten Gramlich in die Wüste schickte und den berühmt-berüchtigten Wolf inthronisierte.

Am nächsten Morgen kam dann prompt der Kater geschlichen. Die Mitglieder des mächtigen Verwaltungsrates des Vereins und des Beirates sowie der Sponsor der Eintracht, die Frankfurter Hoechst AG, verweigerten dem von der Basis gekürten Wolf jede Unterstützung. Der „böse Wolf“ - so die Behauptungen - habe nämlich dem Ansehen der Eintracht schon in der Vergangenheit mehr als nur Schaden zugefügt. Und tatsächlich spielte Wolf in der an Skandalen reichen Geschichte des Eliteclubs eine unrühmliche Nebenrolle: Als Partner des ehemaligen Eintracht-Vizepräsidenten Zenker soll Wolf seinerzeit die Finger im schmutzigen „Bauherrenmodell„ -Geschäft gehabt haben, mit dem so brave und in der BRD damals neue Spieler wie „Tscha Bum“ und Norbert Nachtweih finanziell über den Tisch gezogen wurden. Der Koreaner Cha kickt noch heute in Leverkusen seinen aus der Zenker-Aera stammenden Schuldenberg ab. Zwar ging 7-Tage-Präsident Wolf danach in die Offensive und präsentierte der Öffentlichkeit eine notariell beglaubigte Erklärung, aus der hervorgeht, daß Wolf keine Bauherrenmodelle an Fußballer verkauft habe und die Societät Dr. Wolf und Partner (Zenker) Ende August 1986 aufgelöst worden sei, doch flinke Lokalreporter fanden im Frankfurter Stadtteil Fechenheim einen blankgeputzen Briefkasten mit der verräterischen Aufschrift: „Dr. Wolf & Partner, Zenker & Partner.“

Und auch die einfachen Mitglieder der Eintracht, deren Kater nach der bierdünstigen Novembernacht im Palmengarten -Gesellschaftshaus heftiger ausgefallen sein dürfte als bei den Funktionsträgern, die sich mit „Moet Chandon“ zuschütteten, forderten den Kopf von Wolf. Schon beim letzten Heimspiel gegen Bremen, bei dem die Eintracht überraschend einen Punkt herausgemauert hatte, wurde Wolf auf den Rängen „geschlachtet“. Und auf der Ehrentribüne wagte es nur Vizepräsident Hölzenbein neben dem über Nacht zum Unberührbaren gewordenen Wolf Platz zu nehmen.

Nach einer Woche „Telefonterror“ (Wolf), übelsten Beschimpfungen und zerschnittenen Autoreifen gab Wolf jetzt entnervt auf, um den Weg freizumachen für „emotionsfreie und ordnungsgemäße Neuwahlen“: Der Präsident ist tot - es lebe der (neue) Präsident. Der bisherige stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende Matthias Ohms, im Zivilberuf Devisenmakler, ist der Wunschkandidat der „Wolfstöter“ aus den Reihen der Eintracht-Funktionsträger aus Verwaltungsrat und Beirat. Ob Ohms allerdings auch der Mann ist, den die Mitglieder an der Spitze des Vereins sehen wollen, ist mehr als fraglich. Selbst die klassenbewußte FAZ mäkelte am vergangenen Donnerstag an dem Devisenmakler herum: „Ohms verkörpert wie der abgewählte Präsident Klaus Gramlich jene Distanz zum einfachen Klubmitglied, die Gramlich zum Verhängnis wurde.“

Für die Bundesligakicker der Eintracht unter der Fuchtel von Trainer Pal Csernai, der weisen Führung von „Atze“ Friedrich und der Schirmherrschaft des einzigen verbliebenen Präsidiumsmitglieds Bernd Hölzenbein scheint die Zwietracht bei der Eintracht dagegen ein zumindest zeitweise stimulierendes Element zu sein. Seit dem offenen Ausbruch der vereinsinternen Querelen hat die sportlich darniederliegende Eintracht drei Punkte aus drei Spielen geholt, am Samstag in Dortmund allerdings auch ein Bild tiefster Verzweiflung und Trostlosigkeit geboten.

In Frankfurt darf eben nichts zusammen passen oder gar harmonieren, denn erst dann paßt es zu Frankfurt - das jedenfalls meinte schon Goethe. Und der konnte noch nicht einmal richtig Fußball spielen.

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