: 1989 ist das dicke Portemonnaie gefragt
■ Bereits jetzt stehen Preiserhöhungen für Gas, Wasser, Müll, Versicherungen, Lebensmittel, Post, Bundesbahn und Taxis fest Auch Gesundheitsreform führt zu höheren Kosten / Preissenkungen lediglich bei Ferngesprächen
Für eine Reihe von Waren und Dienstleistungen wird es vom kommenden Jahr an neue - in aller Regel höhere - Preise geben. So werden am 1. Januar 1989 eine Reihe von Steuererhöhungen in Kraft treten, die zumeist auf die Verbraucher umgelegt werden. Die Reform im Gesundheitswesen wird nicht nur zu einer Verteuerung von medizinischen Artikeln, sondern auch zu Preisanhebungen in anderen Bereichen führen, zum Teil in jetzt noch völlig unbekanntem Ausmaß. Daneben gibt es eine Reihe ganz „normaler“, geplanter oder auch nicht geplanter Preiserhöhungen. Die taz hat sich einen Überblick über die wichtigsten Bereiche verschafft:
Wasser
Zum ersten Mal seit sieben Jahren erhöhen die Bremer Stadtwerke den Wasserpreis, um 25 Pfennig auf 2,30 Mark pro Kubikmeter. Damit werden die jährlichen Kosten für die Wasserversorgung für einen normalen Haushalt mit einem Jahresverbrauch vom 150 Kubikmetern bei etwa 440 Mark (incl. Mehrwertsteuer) liegen. Das sind ungefähr 40 Mark mehr als bisher. Mit diesem Wasserpreis liegt Bremen jetzt etwas über dem Bundesdurchschnitt. Die Stadtwerke begründen diese Preisanhebung mit höheren Unterhaltsaufwendungen für das Wasserrohrnetz und für die Hausanschlüsse, mit Steigerungen der Wasserbezugskosten und mit einer Zunahme der Personalkosten. Das Bremer Trinkwasser wird zu 87% von niedersächsischen Grundwasserwerken gewonnen, die Qualität ist hoch, auf Chlorung wird auch weiterhin verzichtet. Die Gebühren für die Abwässer sollen im kommenden Jahr stabil bleiben.
Gas
Bei den Stadtwerken wird davon ausgegangen, daß auch der Gaspreis, der erst am 1. Oktober dieses Jahres gesenkt worden war, im kommenden Jahr angehoben werden muß. Dies sei eine Folge der beschlossenen Erhöhung der Erdgassteuer. Über den genauen Zeitpunkt und die Höhe der Anhebung gibt es aber noch keine konkreten Informationen.
Derzeit liegt der Kubikmeterpreis bei Erdgas mit 32,4 Pfennigen nach Auskunft der Stadtwerke weit unter dem Bundesdurchschnitt. Der durchschnittliche Verbrauch in Bremen liegt für ein Einfamilienhaus, in dem Gas für die Heizung und zur Erzeugung von Warmwasser eingesetzt wird, bei 3.500 Kubikmetern. Damit betragen die jährlichen Gaskosten einschließlich der Mehrwertsteuer ca. 1.300 Mark.
Strom
Hier gibt es frohe Kunde. Die Stromkosten sollen im kommenden Jahr stabil bleiben. Aber eine Garantie mögen die Stadtwerke nicht übernehmen. „Das hängt natürlich von der Weltmarktentwicklung ab“, sagt deren Sprecher Wies. Der weitaus größte Anteil des in der Hansestadt verbrauchten Stroms wird aus Kohle gewonnen.
Straßenbahn
Gute Mitteilung auch von der BSAG: Die seit dem 1.10.1986 unverändert gültigen Fahrpreise sollen auch im kommenden Jahr nicht angetastet werden. Stattdessen will die Gesellschaft jetzt Veränderungen in Angriff nehmen, die die Fahrt mit der Straßenbahn schneller und bequemer machen sollen. Am 1. Januar nimmt die neue Verkehrsgemeinschaft Bremen/Niedersachsen (VBN) ihre Arbeit auf. Dadurch kommt es zu einer Vereinheitlichung der Tarife zwischen Umland und Bremen.
Taxen
Die Taxentarife, die seit November 1981 unverändert bei einer Grundgebühr von 3,60 Mark und einem Kilometerpreis von 1,65 Mark liegen, können nach Einschätzung der Branche im kommenden Jahr „nicht gehalten“ werden. Zwar gibt es noch keine konkreten Vorstellungen über Zeitpunkt und Ausmaß von Preiserhöhungen, sie werden aber wohl kommen. Begründung der TaxenunternehmerInnen: Die Auswirkungen der Gesundheitsreform. Da die Krankenkassen Transportkosten nicht mehr in dem alten Umfang übernehmen,
rechnet die Branche mit einem erheblichen Einbruch in diesem Sektor.
Deutsche Bundesbahn
Obwohl die DB ihre Tarifeerst im April dieses Jahres erhöht hat, werden bereits jetzt weitere Preissteigerungen angekündigt. Ab 1. Februar des kommenden Jahres werden die normalen Fahrpreise für Hin -und Rückfahrkarten und die Streckenzeitkarten um durchschnittlich 2,4 Prozent erhöht. Ausgenommen davon sind Fahrkarten für Kurzstrecken bis 10 Kilometer. An den Kosten für besondere Angebote wie Spar-und Supersparpreis oder Taschengeld-, Junioren- oder Seniorenpaß soll sich vorerst nichts ändern. Wer flexibel ist, wird also auch in Zukunft die Sonderangebote der Bundesbahn nutzen können. Ein Beispiel: Für einen 10tägigen Kurzurlaub in Berchtesgaden kann eine vier
köpfige Bremer Familie im Rahmen des Supersparpreises für insgesamt 240 Mark die Fahrt antreten. Ebenfalls am 1. Februar wird die Bahn eine neue Fahrkarte einführen: die Jahresstreckenzeitkarte. Sie soll den 9,5fachen Preis der entsprechenden Monatskarte kosten.
Post
Auch bei dem zweiten Bundesunternehmen, der Deutschen Bundespost, sind mehrere Preiserhöhungen bereits für das kommende Jahr festgezurrt. Hier nur einige Beispiele für die umfangreichen Änderungen.
Die Kabelanschlußgebühren für den Empfang von privaten Fernsehprogrammen werden vom 1. Januar 89 an von 9 Mark auf 12,9o Mark angehoben. Im Briefverkehr werden sich die Portokosten - sie sind seit sieben Jahren unverändert - vom 1. April des kommenden Jahres an um etwa 25% erhöhen. Der Standardbrief
wird dann eine Mark kosten, das Standdardpäckchen 3,50 Mark. Die Einschreibgebühr wird zukünftig 2,50 Mark, die Gebühr für Nachnahme 2 Mark betragen. Nur das Porto für eine normale Postkarte wird nach wie vor bei 60 Pfennigen liegen.
Am 1. September kommen höhere Kosten für den Paketdienst hinzu. Die Kosten für ein Standartpaket werden von 4,40 Mark auf 5,20 angehoben, Zustellgebühren werden dann 2,50 betragen. Auch im Bankbereich der Post wird es vom 1. April an höhere Kosten geben. Bareinzahlungen am Schalter werden höher, die Kontoführungsgebühren für Postgirokonten ebenso.
Eine dreistufige Strukturänderung ist für den Telefonbereich geplant. Über eine Verlängerung von Takteinheiten soll es hier auch zu indirekten Verbilligungen kommen. In einem ersten Schritt sollen zum 1.4. des kommenden Jahres einzelne Zeittakte verlängert werden, zum Teil erheblich. Von diesem Zeitpunkt an wird in den Münzfernsprechern auch die jeweils erste Einheit bei Orts- und Ferngesprächen 3o Pfennig betragen, bisher kostete sie lediglich zwei Groschen. Während die zweite Stufe im April 90 eine weitere Verlängerung der Zeiteinheiten bringt, soll vom 1.4.1991 an eine neue Fernzonenstruktur installiert und der Zeittakt bei Ortsgesprächen innerhalb der Kernzeit von 6 bis 18 Uhr von 8 auf 6 Minuten reduziert werden.
Müllgebühren
Bei den Müllgebühren steht zum 1. Januar die im zweijährigen Turnus fällige Anpassung wieder an. Im Durchschnitt sollen die Abfuhrgebühren für Hausmüll um 12% erhöht werden. Für einen Müllbehälter mit einem Fassungsvermögen von 35 Litern und wöchentlicher Leerung steigt der Preis von 75 Mark auf 84 Mark im Jahr; für den 120-Liter-Eimer beträgt die neue jährliche Gebühr 198 Mark (bisher 180 Mark).
Der Sprecher der Senatorin für Umweltschutz und Stadtentwicklung, Ritzel, nannte als Gründe für die nach seiner Meinung notwendig gewordenen Erhöhungen die neuen Anforderungen an eine moderne und ökologische Abfallwirtschaft, die das alte Prinzip des Deponierens oder Verbrennens ablösen müsse. Solche neuen Teilaufgaben, die immer auch mit weiteren Kosten verbunden seien, sind nach Aussage Ritzels die Kompostierung von Grünabfällen und die für das
kommende Jahr geplanten Getrenntsammlungen von Hausmüll in Großwohnanlagen. In der Stadt Bremen fallen täglich über 1000 Tonnen Hausmüll an.
Verwaltungsgebühren
Auch bei weiteren Verwaltungsgebühren - insgesamt gibt es davon in Bremen über 4.000 - sind Erhöhungen geplant. Diese betreffen aber fast ausschließlich Gebühren für die Inanspruchnahme von staatlichen Sonderleistungen, wie etwa chemische, veterinäre und hygenische Untersuchungen oder Sondergenehmigungen im Baubereich.
Rundfunkgebühren
Die Gebühren für Hörfunk und Fernsehen werden im kommenden Jahr konstant bleiben, eine Erhöhung wird erst zum 1. Januar des übernächsten Jahres in Kraft treten. Dann werden die Gebühren für Hörfunk und Fernsehen 19 Mark betragen (bisher 16,60), die nur für den Hörfunk 6 Mark (bisher 5,16).
Versicherungen
Die Erhöhung der Steuern auf Sachversicherungen von 5% auf 7% wird nach Einschätzung von Fachleuten bei den KFZ-, Hausrat- und Haftpflichversicherungen im Laufe des kommenden Jahres zu höheren, wenn auch uneinheitlichen Beiträgen führen. Auch bei den Beiträgen für die Krankenkassen geht der Trend - trotz der Gesundheitsreform - nach oben. Hier gibt es zusätzlich eine Reihe sehr komplizierter Neuerungen für die Berechnung der Beitragsbemessungsgrundlage, die sich in der Regel ebenfalls zu Ungunsten der Versicherten auswirken. Und last not least: Auch die Lebenshaltungskosten werden kaum stabil bleiben: Der Bremer Mieterverein sieht einen eindeutigen Trend zu Mieterhöhungen, und auch beim täglichen Brot, beim Alkohol und Nikotin oder bei Bekleidung wird das neue Jahr uns Preissteigerungen bescheren.
Heino Schomake
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