: Israel setzt neue Geschosse ein
■ Sie töten öfter als die früheren Gummimantelgeschosse / Zu 95 Prozent aus Stahl / Schon 4 Tote
Jerusalem (ap) - Den neuartigen Gummigeschossen, welche israelische Soldaten neuerdings auf Palästinenser abfeuern, sind in den vergangenen fünf Tagen schon vier arabische Jugendliche in den besetzten Gebieten zum Opfer gefallen. Wie arabische Ärzte im Westjordanland und im Gazastreifen berichteten, wurden die zwei Jungen und zwei Mädchen alle von den kugelförmigen Geschossen tödlich in den Kopf getroffen. Die Streitkräfte haben die vier Todesfälle zwar bestätigt, aber keine Angaben über die Art der bei den Zwischenfällen eingesetzten Munition gemacht.
Bei den neuen „Gummigeschossen“ handelt es sich tatsächlich um Stahlkugeln von der Größe einer Murmel, die mit einer hauchdünnen Schicht aus Gummi überzogen sind. Sie sind von den israelischen Streitkräften als verbesserte Version der bisher benutzten zylindrischen Gummigeschosse eingeführt worden, die bis dahin gegen Unruhestifter eingesetzt worden waren.
Ein Sozialarbeiter aus einem westlichen Land teilte am Montag in Jerusalem mit, die neuen Geschosse hätten ein Gewicht von 16,5 Gramm, davon mache der Stahlkern allein 95 Prozent ihres Gewichtes aus. Die alten, zylinderförmigen Geschosse wogen nur 15,4 Gramm und bestanden nur zu 74 Prozent aus Metall. Er sagte, die neuen Kugeln hätten eine aerodynamischere Form und könnten deshalb mit mehr Wucht fliegen.
Dr. Rustom Namari, der Direktor des Mukassed-Krankenhauses im arabischen Ost-Jerusalem, bezeichnete die neuen Geschosse als „schwerer und härter“ als die vorherigen. „Sie töten Menschen, besonders, wenn der Kopf getroffen wird“, sagte er. „Die neue Kugel dringt tiefer ein und durchschlägt Knochen leichter.“
In seinem Krankenhaus, fuhr der Arzt fort, liege gegenwärtig ein 17jähriger Junge aus dem Gazastreifen, dessen halbes Gehirn von einer solchen neuartigen Kugel zerfetzt worden sei. Im Dezember hätten Ärzte seines Krankenhauses aus dem Kopf eines palästinensischen Jugendlichen gleich sechs der neuartigen Kugeln entfernt: zwei aus dem Gehirn, zwei aus dem Unterkiefer, eine aus dem Genick und eine unterhalb des linken Auges. „Ich weiß nur von einem einzigen Todesfall durch eines der alten Geschosse, kann aber mindestens fünf Todesfälle durch die neuen bestätigen“, sagte der Arzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen