piwik no script img

Erste Beweise für Iraks B-Waffen

■ Kurdischer UNO-Vertreter in Genf präsentiert der taz Beweise für die Existenz biologischer Waffen in Irak

Genf/Bonn (taz/dpa) - Nach Informationen der taz verdichten sich die Hinweise, daß der Irak tatsächlich über biologische Waffen verfügt und auch deren Einsatz vorgesehen hatte. Als Beweis präsentierte der Vertreter der Kurden bei der UNO in Genf, Salah Imhor, der taz eine Order des Kommandanten der kurdischen Provinz Arbil an dessen nachgeordneten Einheiten. Die Order stammt vom 3.8.86 und betrifft die „Kontrolle der Reserve an chemischen und biologischen Waffen“. Wörtlich heißt es in der von General Dhia Abdul-Wahab Ezzat unterzeichneten Anweisung: „Wir verfügen über eine Reservemenge biologischer und chemischer Waffen für die Zeit eines halben Jahres, beginnend mit dem 9.8.1986. Die Nachfragen der Einheiten müssen schnell an die zuständigen Stellen gerichtet werden.“

Die US-Fernsehgesellschaft ABC hatte kürzlich berichtet, der Irak produziere Thypus- und Cholera-Erreger als biologische Waffen, die aber noch nicht zum Einsatz gekommen seien. Kurdische Quellen berichten dagegen, es hätte bereits eine Reihe von Thypusfällen gegeben, die auf den Einsatz dieser Waffen zurückgehen können. Der ABC-Bericht wurde gestern durch die US-Tageszeitung 'Washington-Post‘ konkretisiert, die unter Berufung auf Geheimdienstquellen den Produktionsort der Waffen bekannt machte: Es soll sich um ein Areal in Salaman Pak, 35 Kilometer südöstlich von Bagdad handeln.

Der Bundesregierung sind nach Angaben von Regierungssprecher Friedhelm Ost ebenfalls Informationen bekannt, wonach im Irak Forschungstätigkeiten auf dem Gebiet der Bio-Waffen durchgeführt werden.

Fortsetzung auf Seite 2

Es gebe auch vereinzelte Hinweise, daß die Produktion aufgenommen worden sein könnte, teilte Ost am Donnerstag abend in Bonn mit. Erkenntnisse für die Beteiligung deut

scher Wissenschaftler oder Techniker daran seien aber nicht bekannt geworden. Dies hatte er der Fernsehsender RTL-Plus unter Hinweis auf Geheimdienste berichtet.

Nach Angaben von Ost deuten einige Hinweise darauf hin, daß Libyen beabsichtigen könnte, in einem geplanten Institut für Mikrobiologie auch B-Waffen-Forschung zu betreiben. Auch hier lägen keine bestätigten Informationen vor, über eine Mitwirkung von Deutschen sei nichts bekannt. Der Regierungssprecher wies auf die rechtskräftige Verurteilung eines Deutschen im April 1988 in München hin, der kleine Mengen von Mykotoxinen in den Irak geliefert habe. Wenig später zog Ost diese Angabe zurück - der BND habe sich vertan.

RTL-Plus hatte zunächst am Mittwoch berichtet, daß Wissenschaftler und Techniker aus der Bundesrepublik beim Aufbau einer B-Waffen-Fabrik bei Bagdad geholfen haben sollen. Am Donnerstag verbreitete der Sender, daß insgesamt 24 Firmen aus der Bundesrepublik nach Informationen des amerikanischen Geheimdienstes CIA im Verdacht stehen, am Aufbau von Produktionsstätten für biologische und chemische Waffen beteiligt gewesen zu sein.

Der scheidende US-Außenminister Shultz hatte in der vergangenen Woche darauf hingewiesen, daß es Länder gebe, die die Konvention über biologische Waffen von 1972 verletzten. Dieser erste Abrüstungsvertrag, den über 100 Nationen, darunter auch Irak unterzeichnet haben, verbietet die Entwicklung, Produktion und Lagerung von Biowaffen. Die Erforschung dieser lebenden Erreger vor allem zum Zwecke der Produktion von Gegenstoffen ist allerdings erlaubt. Allein in der BRD forschen in diesem Bereich wenigstens 200 Wissenschaftler im Auftrag der Bundeswehr

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen