piwik no script img

Ehemaliger Milizionär soll in den Libanon abgeschoben werden

Mainz - Der Mainzer Petitionsausschuß muß derzeit über einen Asyl-Fall entscheiden, der für den Mainzer Innenminister Rudi Geil (CDU) schon abgeschlossen scheint: Der Libanese Santina El Jarkassi soll in seine frühere Heimat zurückkehren, weil sein Asylantrag abgelehnt wurde. Seit Oktober sitzt der Sunnit in Abschiebehaft in Koblenz. In der evangelischen Kirche jedoch formiert sich Widerstand gegen Jarkassis Schicksal, ebenso bei „ai“ und „Pro Asyl“.

Daß die Ausweisung dennoch akut wird, hat seine Ursache im Lagebericht der deutschen Botschaft im Libanon. Der Botschafter nämlich schätzt Jarkassis Rückkehr nach Tripolis als unbedenklich ein - folglich könne man ihn abschieben. Die hessische Pfarrerin Erika Görke sieht das anders. Sie hat zehn Jahre im Libanon gelebt und das Land jüngst besucht. Sie sagt, für Jarkassi gebe es „kein lebendes Durchkommen“ bei der Einreise über Syrien. Er würde die vielen Kontrollen - auch durch „christliche“ Milizen - nicht überleben. Jarkassi gehörte vor seiner Flucht 1986 einer moslemischen Miliz im Libanon an, deren Mitglieder inzwischen liquidiert seien.

Erika Görke bezweifelt zudem, daß der Botschafter in Tripolis die Lage beurteilen kann. Wenn er sein stark bewachtes Dienstgebäude verlasse, dann „nur im dick gepanzerten Wagen, mit zwei weiteren Autos als Eskorte“. Auch Siegfried Pick, Pastor für Ausländerarbeit der evangelischen Kirche im Rheinland, und Günter Hartmann, Ausländerreferent des Caritasverbandes Mainz protestierten beim Mainzer Innenministerium - bisher ohne Erfolg.

Dabei gab es kürzlich einen Fall, bei dem der Innenminister durchaus Gnade vor Recht ergehen ließ: Ein Iraner durfte in Rheinland-Pfalz bleiben - trotz abgelehnten Asylantrags. Der rheinländische Landeskirchenrat Jörn-Erik Gutheil setzt sich nun ebenfalls für Jarkassi ein. Gutheil warnt davor, das Asylrecht zu verschärfen, mahnt statt dessen einen „humanen Umgang mit Menschen an, die anderswo schon genug Angst, Verfolgung und Folter ausgestanden haben“. Angst befällt Jarkassi auch in der JVA Koblenz. Seine Freundin berichtet: „Jedesmal, wenn an der Zellentür geschlossen wird, befürchtet er, daß sie ihn holen.“

Fabian Fauch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen