Schindluder mit der Emanzipation

■ Die „Elektroausbildung - nur für Frauen“ war gut für Presseerklärungen ihrer Förderer. Daß es sie gar nicht gibt, war es nicht / Ausbilder: Eignung fühlt man, oder man fühlt sie nicht

Eine Elektroausbildung - nur für Frauen hatte der Informationsdienst des Senats der Freien Hansestadt noch am 27.12.88 angekündigt. Alle hatten an diesem

imagefördernden Emanzipa tionsprojekt mitgewirkt: die Berufsberatung des Arbeitsamtes, die Frauengleichstellungsstelle und die „Gesellschaft für beruf

liche Bildung“ GmbH (GbB), ein privater Träger. Alle wollten sie mithelfen, um den Mädchen aus der Misere herauszuhelfen, keinen Ausbildungsplatz zu bekommen oder wenn, dann einen, wie Arzthelferin oder Friseurin, ohne Perspektive auf einen Arbeitsplatz. Eine volle dreieinhalbjährige Ausbildung zur Elektroanlageninstallateurin winkte jeder geeigneten jungen Frau, die also arbeitsamtsgemeldet, ohne abgeschlossene Berufsausbildung und unter 25 Jahre alt war. Dafür wurde geworben im Rundfunk und im Weser-Kurier auch, mit ansprechenden Bildern technisierender junger Frauen. Nicht nur sollten da junge Frauen unter sich sein und von dem „laß da doch mal'n Mann ran„-Gehabe derer befreit, denen der Beruf bis jetzt „gehört“, sie sollten auch in einem sechswöchigen „Schnupperkurs“ eingefleischte Hemmschwellen abbauen können.

Der Schnupperkurs ist fast zu Ende, Grund genug, sich am Ort des Schnupperns in der Stresemannstraße zu informieren, zu fragen, wer von den Mädchen die Ausbildung nun machen will und ob und welche Vorteile die Ausbildung „nur für Frauen“ hat.

Fragen, die sich schnell erledigt hatten: Weder wird es für die Mädchen eine Ausbildung geben, noch waren auch nur die Einführungswochen „nur für Frauen“. Das Projekt ist, wie Erika Köhler

Elges von der Trägerfirma selbst sagt, eine „Verarschung“. Aber von wem? Das erste ist: Es fanden sich mit zehn Schnupperinnen weitaus weniger Frauen, als die Firma gerechnet hatte. Also schrieb das Arbeitsamt auch Männer an, und am 9.1. waren von den 16 Frauen, die anfingen, 6 Männer. Die, die anfingen, bekamen zudem noch gleich gesagt, daß aus der Ausbildung, um derentwillen sie ja anfingen, wohl nichts werden würde. Grund: Die Bremer Plätze im erweiterten Benachteiligten-Programm, innerhalb dessen das Projekt angesiedelt ist, wurden im Zuge der Novellierung des Arbeitsförderungsgesetzes von 150 auf 90 Stellen zusammengestrichen. Und für die paar Hauptschülerinnen war da kein Platz mehr. Reingefallen. Inzwischen wird auf mögliche Ausbildungsplätze bei der Post (Fernmeldetechnikerin) oder im Berufsförderungszentrum der Handwerkskammer.

Gabriele Kräuter, 17 Jahre und ausgesprochen plietsch, (war jedenfalls mein Eindruck), ist eine von den 6 Mädchen, die den Kurs trotzdem und bis zu Ende gemacht haben. Sie will eine Lehrstelle, als Elektrikerin, das hat sie zuhause schon interessiert, sie hat ihr Grundbildungsjahr mit Elek

troschwerpunkt gemacht,1 Mädchen, 16 Jungen, ja, da müßte man sich heftig durchsetzen lernen, am Ende hätten aber auch die Geh-mal-eben-weg-Da's sich an sie gewöhnt gehabt, dann Ausbildungsplatzsuche: „Die kleinen Firmen nehmen keine Mädchen, schon wegen der sanitären Anlagen, die großen wollen die tollen Zeugnisse.“

Daß die freie Wirtschaft geeignete Leute für Lehrstellen sucht und er z.B. eine Lehrstelle weiß'in Arsten, verrät der Ausbilder, ein Herr K. von älterem Schrot und Korn. Verrät er mir. Gabriele und Thomas, die sofort lange Ohren machen und nachfragen, wo, hat er davon nicht erzählt. Gabriele ist aber auch eine Frau und Thomas hat eine schwarzafrikanische Haut. Wie man feststellt, ob man geeignet sei? „Das fühlt man oder man fühlt es nicht“, sagt Herr K. Auf den Hinweis, daß Mädchen das traditionellerweise nicht so sicher fühlen, hat Herr K. auch eine Antwort parat: „Ja, dann gehören sie auch nicht hierher.“ Ob zu bedauern ist, daß ein Träger, der sich einen solchen Ausbilder aussucht, unter dem Etikett der Emanzipationsförderung keine Gelder mehr bekommt, stellen wir anheim. Uta Stolle