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Zivil-Polizist war im Geisel-Bus

■ Geisel-Ausschuß sitzt weiter routinemäßig / Weiter vor allem Streit um Verfahrensfragen Befragung der MEK-Beamten zu „Huckelriede“ förderte bekannte Details zutage

Darf ein Mitglied des Bremer Untersuchungsauswschusses mit einer Neuigkeit an die Öffentlichkeit gegen oder darf das nur der Vorsitzende resp. sein Stellvertreter? Hat der Bremer Senat dem Geisel-Ausschuß verschwiegen, daß das von der Staatsanwaltschaft gegen den Bremer Polizeiführer Möller geführte Ermittlungsverfahren, das am 9.2. eingestellt wurde, nicht an die Staatsanwaltschaft Essen abgegeben wurde? Sind also Akten da, von deren Existenz der Ausschuß nichts erfuhr? Mit solchen Verfahrensfragen können die Ausschuß-Mitglieder und ihre hauptamtlichen Mitarbeiter Sitzung um Sitzung bestreiten.

In der nach großem Verfahrensstreit nun nichtöffentlichen Vernehmung dreier Beamter des „Mobilen Einsatzkommandos“ (MEK) der Bremer Kripo ist nun herausgekommen, daß deren Observationsmöglichkeiten „optimal“ gewesen sind. Das konnte der Ausschuß nach der Verneh

mung gestern mitteilen. Wie aus den Akten längst bekannt ist, war einer der MEK-Beamten mit seiner Kamera sogar im Bus drin gewesen. Ein Journalist hatte den Mann daraufhingewiesen, daß er das rote Schildchen „K 26“ von der Kamera abmachen müsse, wenn er hier als Pressemann durchgehen wollte. Und warum haben nicht drei Zivilbeamte sich mit Kameras getarnt und sind in den Bus gegangen? „Man hätte solche Gelegenheiten, Mann, Mann, Mann. Wo ist die Führung?“ hatte einer der drei MEK'ler damals per Funk verbreitet. Aber so schnell waren nicht drei Kameras aufzutreiben.

Auch das beliebte Spiel, mit dem gekrümmten Finger am geistigen Abzug Lage für Lage neu durchzuspielen, um „Zugriffsmöglichkeiten“ zu finden, durfte wieder gespielt werden: „Ohne jede Gefährdung“ der Geiseln - wie die Anweisung war - gebe es wohl keinen Zugriff, hat einer erklärt. „Vorsätzlich erschießen“

hätte man die Bankräuber schon können, hat ein anderer MEK'ler gesagt. Und da die Situation an der Bushaltestelle Huckelriede sich permanent veränderte, konnte ein Einsatzleiter im „Lagezentrum“ immer nur im Nachhinein beurteilen, daß eine Chance gewesen sein könnte. Von einem „erkennbaren Konzept“ sei vor Ort nichts erkennbar gewesen, um 19.20 Uhr seien sie dann zurückgezogen worden, erzählten die MEK's.

Auf der Raststätte Grundbergsee hat dann ausgerechnet der MEK-Beamte, der in Huckelriede als „Fotograf“ im Bus gewesen war, sich vor die Damentoilette gestellt, auf der die Bankäuber-Freundin pinkeln war - und sie dann festgenommen. In der Folge dieser Aktion war der italienische Junge erschossen worden - aber das war im Ausschuß noch nicht dran, bis dahin müssen noch eine Reihe von Sitzungen ordentlich abgesessen werden.

K.W.

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