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Vom Nachttisch geräumt: SIMMEL

Otthein Rammstedt hat mit der Herausgabe einer auf 24 Bände angelegten Georg Simmel Gesamtausgabe begonnen. Es ist das erste derartige Unternehmen im deutschen Sprachraum. Auf japanisch soll bereits eine siebenbändige Simmelausgabe vorliegen. Rammstedt begann mit der „Philosophie des Geldes“ und mit einer Sammlung von Aufsätzen aus den Jahren 1887 -1890. Neben der Ausgabe der Simmelschen Texte erscheinen Materialienbände, die den aktuellen Stand der Foschung dokumentieren. Einer von ihnen thematisiert „Simmel und die frühen Soziologen“, situiert ihn also im Feld Durkheim, Tönnies, Max Weber; der andere behandelt „Georg Simmel und die Moderne“, eine der traditionell hervorgehobenen Seiten des soziologischen Außenseiters, der auf Frankfurter Schule, Lukacs und Leopold von Wiese gleichermaßen wirkte. In der bereits erschienenen Aufsatzsammlung ist der Essay „Über sociale Differenzierung“ aus dem Jahre 1890 der umfangreichste. Wer Simmel nur von seinen essayistischen Arbeiten her kennt, deren Stärke in der Intensität liegt, mit der er sich scheinbar Abwegigem zuwendet, wird von dieser sehr formalen, abstrakten Studie überrascht sein. Freilich frappiert gerade hier die Ähnlichkeit mit Adorno. Das Umschlagen von allgemeinsten Erörterungen, etwa solchen über die Opposition zwischen dem Ganzen und dem Individuellen, zu konkreten Begebenheiten, die gerade nicht nur beliebige Beispiele sein sollen, charakterisiert den einen wie den anderen. Bei Simmel wird die Vermittlung nicht so kategorisch abgelehnt wie Adorno das immer wieder tat, aber in der Praxis seiner Argumentation sind die Ähnlichkeiten heute, da Vermittlung wieder ganz groß geschrieben wird, sehr auffällig.

Georg Simmel, Aufsätze 1887-1890, hrsg. Von Heinz-Jürgen Dahme, Suhrkamp Verlag (stw), 434 Seiten, 24 DM

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