: Pleiten, Pannen und Proteste
■ Kleine Katastrophengeschichte des Internationalen Congress-Centrums
Als das 800-Millionen-Projekt Internationales Congress Centrum vor zehn Jahren fertiggestellt wurde, ahnte ICC -Architekt Ralf Schüler bereits den Schlamassel. „Es wird Pannen geben, jede Menge Pannen. Vielleicht zehn oder 15 Jahre werden viele brauchen, bis sie verstehen, was da entstanden ist. So ein Mordsding kann nicht auf Anhieb funktionieren.“ Der Mann sollte recht behalten. Direkt zur Eröffnung des Großstadtklotzes, der in seinen Abmessungen ohne irgendein bauliches Vorbild blieb, stürzte ein Stahlgerüst von einer Verbindungsbrücke. Die Opfer: Musiker einer Jazzband aus der DDR. Und ihr Kleinbus wurde auch gleich mit unter der Konstruktion begraben. Kurz nach der Eröffnung stürzte die gesamte elektronische Schaltzentrale ab. Ein moderner Fall nach dem Vorbild der alten Titanic? Es könnte auch Sabotage gewesen sein, meinte die Polizei damals. Im ersten Fall fehlten die Halterungen, im anderen war ein Relais ausgebaut worden. Es scheint jedoch ausgeschlossen, daß schon 1979 Weltbanktagungsgegner in weiser Voraussicht die Einrichtungen des ICC zu ihren Gunsten manipulierten. Was ihnen ja auch knapp zehn Jahre später nicht mal ansatzweise gelungen ist.
Das ist wahrscheinlich, glaubt man den offiziellen Verlautbarungen der Polizei, ein Verdienst der Sicherheitsapparate. Was die Security-Leute nicht verhindern konnten, ist, daß es des öfteren von oben auf die Köpfe der TagungsteilnehmerInnen tropft. Die AMK-Verwaltung schickt jetzt gerade einige Mitarbeiter in die Wirrungen des Riesencentrums, um dort irgendwann irgendwo das Leck ausfindig zu machen. Aber sonst, meint AMK-Geschäftsführer Busche, liefe alles nach Plan und ohne die großen vorhergesagten Katastrophen. „Nur die Kommunikationseinrichtungen müssen nach zehn Jahren erneuert werden. Aber sonst brauchen wir keine großen Umbau- oder Neubaumaßnahmen ins Auge zu fassen.“
Damals - zur Eröffnung des ICC - hatte sich das noch ganz anders angehört. Für die Berliner CDU war die größte Panne das ICC selbst. Die Sozialdemokraten hätten eine „Halle Größenwahn“ gebaut und die Finanzierung sei „ein Stück aus dem Tollhaus“. Doch das alles ist graue Vergangenheit, und glaubt man den Experten, wird das ICC keine zweite Kongreßhalle.
Theo Düttmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen