: Pflanzen ohne Erde & Wurzeln
■ Einfach irgendwo hinhängen, hinkleben, hinlegen: Die Tillandsie braucht weder Erde noch Wurzeln, ist aber eine richtig lebende und farbenprächtig blühende Pflanze / Einzelne Arten kurz vor dem Aussterben
„Tillandsie“ ist der Sammelbegriff für mehrere hundert Pflanzenarten, die im wesentlichen zwei Gemeinsamkeiten haben: Sie sind in den Regenwaldgebieten Afrikas und Mittelamerikas heimisch und haben entweder keine oder nur sehr spärlich ausgebildete Wurzeln. Sie wachsen auf Bäumen und Steinen. Sie nehmen ihre Nahrung ausschließlich über ihre Blätter auf. Die Wurzeln dienen, soweit vorhanden, nur zum Fest
halten. Mit bizarren Formen und farbenprächtigen Blüten schafften die Tillandsien vor etwa drei Jahren den Durchbruch auf dem bundesdeutschen Blumenmarkt. Aus Kostengründen wurde und wird ein Großteil der Pflanzen direkt in den Ursprungsländern als Wildwuchs gepflückt und importiert. Einzele Tillandsienarten sind deshalb schon fast ausgestorben.
Die Pflanzen können an belie
bigen Stellen hingelegt, aufgehängt oder einfach angeklebt werden. Sie lieben viel Licht, dürfen jedoch nicht der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden. Tillandsien müssen alle zwei Tage mit weichem Wasser besprüht werden, dem im Sommer vierzehntägig Flüssigdünger zugefügt werden sollte.
Der Bremer Horst Zielonkowski hat sich auf den Verkauf von Tillandsien spezialisiert. An seinem Blumenstand auf dem Wochenmarkt vor dem Rathaus bietet er 20 bis 25 verschiedener Arten zu einem Stückpreis zwischen fünf und fünfzehn Mark an. Die ausgesprochen langsam wachsenden Pflanzen sind mindestens fünf Jahre alt, bevor sie in den Handel gelangen. „Dies sind nur gezüchtete Pflanzen, Wildwuchs verkaufe ich nicht“, versichert Zielonkowski. Seine Pflan
zen bezieht er von einem Kölner Gartenbaubetrieb. Sie wurden zum Teil in der Bundesrepublik, zum größeren Teil aber wegen des Klimas in Spanien und Guatemala großgezogen. Es sind aber nicht vorrangig ökologische Gründe, die Zielonkowski auf den Import von Wildwuchspflanzen verzichten lassen: „Die gezüchteten Pflanzen sind viel widerstandsfähiger.“
Aber ärgerlich ist der Bremer Blumenhändler über den Raubbau in den Ursprungsländern der Pflanzen schon. „Ich weiß von einem Importeur in Süddeutschland, der monatlich drei Tonnen Wildwuchspflanzen importiert. Abgesehen von den ökologischen Folgen kannst du davon jede zweite Pflanze vergessen.“ Trotzdem werden auch auf dem Bremer Blumengroßmarkt Wildwuchspflanzen verkauft, sagt
dort eine Mitarbeiterin.
Aber auch in unseren Breiten werden Tillandsien gezüchtet, wenn auch in sehr bescheidenem Umfang. Der Delmenhorster Gärtner Helmut Reuter züchtet in seinen Gewächshäusern zwei Arten, die in Florida heimisch sind. „Dort wachsen die wie Unkraut“, sagt er. Reuter kann seine Pflanzen bereits nach zwei Jahren in den Handel bringen.
Eine kritischere Haltung der KäuferInnen könnte denn auch zum Erhalt der bedrohten Pflanzen beitragen: „Wenn hier nur noch gezüchtete Ware gekauft wird, gibt es bei den Importeuren der Wildwuchspflanzen keine Nachfrage mehr“, so Zielonkowski. Dann könnten die Bestände in den Ursprungsländern erhalten werden. Und schließlich würde durch die Züchtung ja auch Bestandspflege betrieben. oma
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen