Herr des Geistes unter Schrillmachos

■ Gary Moore Hardrock-Gitarrist mit großem Qualitätsvorsprung und engagierten Texten zeigte den Bremern den rostigen Sound, den er aus seinem uralten Marshallturm zieht

Der Hardrocker Gary Moore gilt als der Thinkman des Genres. Im Umfeld der ungezählten devotionalienschweren Schrillmachos, in dem unentwegt so an die 49 Standardriffs aus der Mottenkiste der Rockmusik zelebriert werden und kaum etwas unwichtiger ist als ein engagiert pointierter Text, wirkt der Ire ein wenig wie der Herr des Geistes.

Er besingt schon mal Themen wie die Wiedereingliederungsprobleme von Vietnamveteranen, die Londoner Heroin-Szene oder den Ulster-Dauermythos von der Rückkehr der Emigranten an die „Wild Frontiers“. Musikalisch scheut er nicht vor deutlichen Bezügen auf die Volksmusik seiner Heimat zurück, und dies und ein weiterer Punkt machen Gary Moore über die Grenzen der Hard n‘ Heavy-Gemeinde hinaus interessant: Er gilt als einer der besten

Rockgitarristen der Welt. Sein Spiel poltert ins Ohr wie ein irischer Raufbold in den Pub, ungestüm und rücksichtslos, rauh aber herzlich und letztlich immer in der Gefahr, das Gespür für die Grenze zwischen Gefühl und Pathos zu verlieren. Natürlich ist auch er ein Gefangener der 49 Riffs, denn der Hardrock ist ja die Musik der Vergangenheit.

Doch er hat eine Art, die Klischees an den Rändern zu zerfransen oder am Ende donnernd zu demontieren, die ihn tatsächlich aus der Masse der Gitarreros heraushebt und so manche Banalität verzeihlich erscheinen läßt. Zudem zaubert er aus einem uralten Marshall Top durch eine komplizierte Kopplung von Echos und Delays einen seit Jahren unverwechselbar rostigen Sound. Gary Moore spielte am Donnerstag vor leidlich gefüllter Stadthalle, und

sein Publikum erwies sich als weitgehend identisch mit dem jeder x-beliebigen Heavy-Band. Moore bot seine Hits, mit „After The War“ gleich zu Beginn den aktuellen, in erstaunlich transparentem und phonmäßig erträglichem Sound. Die Lichtregie zeigte das inzwischen Übliche, doch bis auf ein paar pyrotechnische Sperenzchen wurde nicht dem sonst im Metier üblichen Hang zu Hypereffekten gefrönt. Moore selbst gab sich gewohnt martialisch aber karikierte sich nicht selbst. Die dreiköpfige Band rekonstruierte den Plattensound passabel und Moore - ein guter Sänger übrigens auch live schwelgte in seinen Soli wie beschrieben. Ganz sicher ist er immer dann am besten, wenn er sich offen und mit der ganzen ihm eigenen unbändigen Energie auf seine Irish Roots bezieht. ra