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Späte Rache rechter „Fundamentalisten“

■ An der TFH wurden drei Ordnungsverfahren gegen im Streik aktive Studenten entschieden / Exmatrikulationen angedroht

Mit Androhungen der Exmatrikulation in zwei Fällen und einer Einstellung endeten am Dienstag drei Ordnungsverfahren gegen insgesamt neun StudentInnen der Technischen Fachhochschule (TFH), die im Zusammenhang mit den Streiks im vergangenen Semester eingeleitet worden waren. Die zwei konservativen Professoren Hans-Dieter Haller und Arnim Schmidt hatten die Ordnungsverfahren nach Störungen ihrer Lehrveranstaltungen beantragt.

In dem Verfahren gegen drei Studenten, die durch Lärm den Abbruch einer Tragwerkslehre-Übung erzwungen hatten, hatte Professor Haller die Androhung ihrer Exmatrikulation sowie ihren künftigen Ausschluß aus seinen Lehrveranstaltungen gefordert. Der Ordnungsausschuß, der aus drei nichtuniversitären Vertretern von CDU, FDP und SPD besteht, gab diesem Antrag statt. Im Verfahren gegen fünf Studenten, die für die Blockade eines Bodenkunde-Seminars verantwortlich gemacht wurden, hatte Professor Schmidt die Exmatrikulation der beiden „Rädelsführer“ für ein Semester von sämtlichen Hochschulen Berlins, bei den drei anderen Studenten die Androhung der Exmatrikulation erreichen wollen. Doch der Ordnungsausschuß stellte das Verfahren gegen alle fünf Studenten ein.

Um eine Rempelei zwischen einem hörwilligen und einem streikenden Studenten, bei der es zu Schürfwunden und einer verbogenen Brille kam, ging es in dem dritten Ordnungsverfahren. Der klagende Student hatte hier das „härteste Verfahren“ gefordert. Als Genugtuung muß ihm jetzt reichen, daß dem angeblichen Schläger die Exmatrikulation angedroht wurde. Außerdem darf der Verurteilte für zwei Semester nicht die Mensa benutzen.

Der Präsident der Technischen Fachhochschule, Tippe, hatte selber, um die Situation an der TFH zu beruhigen, 40 Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruch zurückgezogen, nachdem er mit den betroffenen StudentInnen eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet hatte. Gespräche mit den beiden Hochschullehrern, die außerdem Strafanzeigen wegen Nötigung gestellt hatten und die nach Tippes Worten dem rechten „Fundamentalisten„-Lager zuzurechnen seien, hätten sich als völlig fruchtlos erwiesen. Schmidt und Haller sei es, so Präsident Tippe, vor allem darum gegangen, eine hochschulpolitisch beruhigte Situation nochmals gezielt zu „eskalieren“.

Auch der Asta der Technischen Fachhochschule verurteilte Ordnungsverfahren als Mittel Auseinandersetzung zwischen Professoren und Studenten als „nicht geeignet“. Sie wird es vermutlich auch bald nicht mehr geben. Die neue Wissenschaftssenatorin Barbara Riedmüller-Seel möchte die Ordnungsausschüsse mit einem neuen Berliner Hochschulgesetz nämlich am liebsten abschaffen.

thol/bes

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