Akademie demnächst privat?

■ Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften wollen nur zusammen weiterarbeiten / Nach der Auflösung Gründung einer Privat-Akademie angestrebt

Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften bestehen darauf, ihre Arbeit in institutioneller Eigenständigkeit fortzusetzen. Dies habe der Rat der Akademie, in dem alle 31 Mitglieder vertreten sind, am Samstag einstimmig beschlossen, teilte Akademiesprecher Vogt mit. Der rot-grüne Senat hatte den Akademiemitgliedern eine Integration der laufenden Arbeitsgruppen in bestehende Berliner Wissenschaftseinrichtungen angeboten. Vorgeschlagen worden sei, so Vogt, etwa die Eingliederung der Automatisierungsforschung in das Institut des „Automatisierungspapstes“ Günter Spur am Spreebogen oder die Anbindung der Forschungsgruppe „Altern“ an das Max-Planck -Institut für Bildungsforschung. Die Akademiemitglieder bestehen jedoch darauf, daß sie nur innerhalb der Akademie interdisziplinär forschen können. Wie Staatssekretär Kremendahl bestätigte, will die SPD/AL-Koalition noch vor Ende des Monats ein Gesetz zur Auflösung der Akademie in den Senat einbringen. Das bedeute, so Kremendahl, daß der Akademie nach Inkrafttreten des Gesetzes keine Zuschüsse aus Landesmitteln mehr zur Verfügung stünden. Der jährliche Haushalt der Akademie beträgt 8,5 Mio. Mark, davon allein 4,4 Mio. Personalmittel.

Die Akademiemitglieder denken nun daran, die Weiterexistenz der Akademie durch Gründung einer Stiftung zu sichern. Als Kapitalgeber werden unter anderem Industrieverbände und Unternehmen, aber auch Bundesländer und Bundesministerien in Betracht gezogen. „Ich habe das nicht anders erwartet“, so der Kommentar von Staatssekretär Kremendahl. Mit Spannung stelle er sich jetzt die Frage, ob der Versuch, die Akademie als private Einrichtung weiterzuführen, gelingen werde. Der Kapitalbedarf wird von der Akademie mit sechs Millionen jährlich angegeben. Dafür wäre ein Stiftungsvermögen zwischen 110 und 130 Millionen vonnöten. Als private Einrichtung könne die Akademie machen, was sie wolle, betont der Sozialwissenschaftler Wieland Elferding, der zu dem AL und SPD-nahen Herausgeberkreis einer neu erschienenen Akademie-Streitschrift „Abgesang auf die Akademie der Wissenschaften zu Berlin“ gehört. Wenn es eine Industriestiftung werde, so Elferding, dann werde nur deutlicher, was für eine Art von Industrieforschung die Akademie vertrete. Man wolle darauf achten, wie weit erneut staatliche Institutionen an der privaten Stiftung beteiligt werden sollen. Der entscheidende Punkt sei, so Elferding, ob die Akademie „eine gutachterliche Oberbehörde für die nächsten Tschernobyls bleibt oder nicht“.

-guth