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Als „Zigeuner“ diffamiert

■ Romani Rose zu Gast in Bremen / „In der BRD heute einfacher, Jude zu sein als Roma oder Sinti“

Sinti und Roma werden in Presseberichten nach wie vor diskriminiert. Das kritisierte der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, am Freitag in Bremen vor JournalistInnen. Hinweise auf die ethnische oder religiöse Zugehörigkeit zu einer Gruppe hätten in Veröffentlichungen nichts zu suchen. Gerade die Polizeiberichterstattung stärke aber durch die Hinweise auf von „Landfahrern“ oder „Zigeunern“ begangene Straftaten die existierenden Vorurteile gegen alle 60.000 Sinti und Roma in der Bundesrepublik.

In der vergangenen Woche hatte der Zentralrat dem Deutschen Presserat eine Sammlung von rund 300 Presseberichten mit solch diskriminierenden Inhalten vorgelegt. Das Selbstkontroll- organ der Presse hatte dabei die Forderung zurückgewiesen, bei Straftaten die Nennung der ethnischen Zugehörigkeit zu untersagen. Zur Begründung hieß es, daß sich Sprachregelungen für die Presse nicht mit der Presse-und Meinungsfreiheit vereinbaren ließen. Der Presserat hatte allerdings die JournalistInnen aufgefordert, die ethnische Zugehörigkeit bei Straftaten nur zu erwähnen, wenn sie für das Verständnis des Vorfalls wichtig sei und dabei „strenge Maßstäbe“ anzulegen.

Im Zusammenhang mit der historischen Verantwortung der Bundesrepublik für die 500.000 von den Nationalsozialisten in Europa ermordeten Sinti und Roma erinnerte Rose Bund und Länder erneut an die im „Dritten Reich“ benutzten Mechanismen der öffentlichen Diffamierung von Minderheiten. Für die Sinti und Roma, die deutsche Staatsbürger sind, forderte Rose das Recht auf kulturelle Identität. In der Bundesrepublik ist es nach Auffassung von Rose heute etwas einfacher, Jude zu sein, als Sinti oder Roma.

Rose war auf Einladung von Regierungschef Klaus Wedemeier (SPD) zu einem Gespräch nach Bremen gekommen. Wedemeier reagierte damit auf einen vom Zentralrat verfaßten Appell für eine „Versöhnung und Verständigung nach dem Völkermord“ an Bundeskanzler Helmut Kohl und die Ministerpräsidenten der Länder. Ein breit angelegtes Aufklärungsprogramm müsse der „erste Schritt sein, um endlich gegen den immer noch vorhandenen Rassismus bei so vielen Menschen anzugehen“, hatte Bürgermeister Wedemeier geschrieben. dp

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