Nichts vom heiligen Geist-betr.: "Perestroika bei Volksuni", taz vom 16.5.89

Betr.: „Perestroika bei Volksuni“, taz vom 16.5.89

Lieber Jochen Vorfelder, Pfingsten, das „Fest des heiligen Geistes“, ist nicht der Tag der „Auferstehung“, wie Du zu glauben scheinst, sondern - nach dem biblischen Gegenmythos zur babylonischen Sprachverwirrung - der Tag, an dem alle Sprachen gesprochen und allseitig verstanden wurden. Unser Gespräch hatte wohl nichts vom heiligen Geist.

Es stimmt wohl, daß viele unserer Besucher, Referenten und OrganisatorInnen mehr „Volksuni“ wünschen, ein Angebot auch zwischen den Pfingstfesten, und daß wir uns darum bemühen wollen. Aber Du hast Dein Interesse an einer „monatlich stattfindenden“ Volksuni doch etwas übertrieben; davon war kein Rede. Es ist auch nicht falsch, wenn Du statt der sinkenden Teilnehmerzahlen, die Du erwartet hattest, von „stagnierenden“ sprichst - sie stagnierten, wie gesagt, 1985/86 bei 1.200 und „nur rund 2.000“ in den letzten beiden Jahren. Aber wir haben das als Erfolg genommen, als Ermutigung und Antrieb.

Weniger ermutigend war, daß ein taz-Berichterstatter „Frieden und Dritte Welt, Ökologie und Grundfragen und Geschichte der sozialen Bewegungen“, die Namen von drei der sieben Ressorts, die das Volksuni-Programm zusammengestellt haben, für unsere „Themen“ gehalten hat. Nimm die „Themen“ Frauen, Gewerkschaften und Betriebe, Kultur, Christen hinzu, so stößt Du auf das Konzept der Volksuni, das wir durchaus nicht „erneuern“ wollen: die Probleme und Fragestellungen der in unserem Land relevanten sozialen Bewegungen zu einem gemeinsam verabredeten aktuellen Themenschwerpunkt zusammenzubringen.

Es wäre schon gut gewesen, wenn Dein „Gang durch die FHW“ Dich nicht nur an Bücherstände vorbei, sondern auch in einzelne Veranstaltungsräume geführt hätte. Dein Lob und Deine Kritik wären sicher substantieller und die taz -Lokalseite etwas interessanter ausgefallen.

Kurt Jacobs (Volksuni-Mitarbeiter)