Computer-Kabel unter Börsen-Parkett

■ Die Bremer Börse ist in ein innen rennoviertes altes Bank-Haus an die Obernstraße umgezogen

Pressekonferenz im neuen Gebäude der Bremer Börse in der Obernstraße 2-12. Von „Neubau“ spricht der Vorstandsvorsitzende Dr. Bellstedt. Innen sieht in der Tat alles neu aus, aber mit der schweren, festungsähnlichen Fassade sind die dicken inneren Mauern geblieben. Ansprechende Architektur konnte da nicht verwirklicht werden, ob der 6 Millionen-Umbau zu einer zweckmäßigen Raumaufteilung geführt hat, wird der Alltag zeigen. Platz jedenfalls ist da: „Wir leben nicht mehr von der Hand in den Mund“, meinte Herr Dr. Bellstedt, das neue Haus ist auf Zukunft dimensioniert. Zur Eröffnung funktionierte zumindest

in dem kleinen Raum, in den die Presse geladen war, die Klimaanlage nicht, von unten drangen die Rufe der Makler hoch, für ihre 12 Kunden riefen sie ihre Angebote so laut, als müßten sie eine Versammlung von 500 Kunden übertönen eine klassische Kulisse, immerhin. Die 6 Millionen -Investition soll, so der Vorstandsvorsitzende, die „bei uns durchaus vorhandene Kreativität“ dokumentieren und fördern.

Unter der „Erde“ sind Kilometer Kabel verlegt, die Bremer Börse ist mit ihrer neuen Computer-Anlage selbst der Düsseldorfer voraus. Mit einiger Begeisterung hat der Geschäftsführer Axel Schubert sich in die Details der Computer-Programme für den Börsengebrauch gestürzt und eine moderne Ausstattung angeschafft.

Denn den Regionalbörsen droht kräftige Konkurrenz aus den Zentren des Kapitalmarktes, wenn sie nicht durch Datenverbindungen mit auswärtigen und ausländischen Kursen und Wirtschaftsdaten mitzuhalten versuchen. „Nationaler Handelsverbund“ ist das Reizwort, der Geschäftsführer spielte nur dezent darauf an. Wirtschaftssenator Beckmeyer sah den Handelsverbund, den vor allem „die Kleinen“ für ihre Marktverbesserung haben wollten, als Teil einer Neuordnung des Börsenwesens in der Bundesrepublik.

In Bankenkreisen wird allerdings schon der nächste Schritt debattiert: ein zentrales elektro

nisches Handelssystem soll die regionalen Wertpapierbörsen ersetzen. Michael Waldeck, Geschäftsführer der Frankfurter Wertpapierbörse, dessen Haus gerade für 120 Millionen modernisiert wird, hat auf diese Frage die Antwort gefunden, zumindest

in den nächsten zehn Jahren werde das nicht so weit kommen.

Aber irgendwann demnächst werden auch die Makler mit ihren archaischen Rufen nicht mehr auf dem Parkett der Börse zu hören sein.

K.W.