: Südhessische Sozis für Eichel
■ Bezirksparteitag unterstützt Kandidatur des Kasseler OB / Eichel war der Wegbereiter für Rot-Grün / Mehr innerparteiliche Demokratie gefordert / „Rote Heidi“ wiedergewählt
Frankfurt (taz) - Überraschend deutlich hat Hans Eichel eine entscheidende Hürde auf dem Weg zum hessischen SPD-Chef und Wallmann-Herausforderer genommen: Mit großer Mehrheit empfahl der Bezirksparteitag der SPD-Südhessen am Wochenende in Friedberg dem Landesverband den Kasseler Oberbürgermeister als neuen Landesvorsitzenden und Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 1991.
Für den 47jährigen Vorreiter in Sachen rot-grüner Koalition votierten 179 GenossInnen bei 100 Gegenstimmen. Der Nordhesse war nach dem überraschenden SPD-Erfolg bei der Kommunalwahl am 12.März vom derzeitigen SPD -Landesvorsitzenden Hans Krollmann und dem neuen Frankfurter OB Volker Hauff voreilig für die beiden Aufgaben benannt worden. Der Coup hatte eine monatelange innerparteiliche Kontroverse ausgelöst.
Als Gegenkandidat für das Amt des Landesvorsitzenden hatte sich der Wiesbadener OB Achim Exner selbst ins Spiel gebracht. Der profilierte Südhesse kritiserte am Samstag erneut das „ungewöhnliche Verfahren“, mit dem der bei der Landtagswahl '87 gescheiterte Krollmann seinen Nachfolger präsentiert hatte. Exner, der sich nachdrücklich für eine Trennung von Parteivorsitz und Spitzenkandidatur einsetzte, erklärte seine Kandidatur als Signal gegen den „Versuch, eine Diskussion zu beenden, bevor sie begonnen hat“. Ebenso wie Exner verlangte die Ex-Ministerin im rot-grünen Kabinett Börner und heutige Bremer Senatorin Vera Rüdiger mehr innerparteiliche Demokratie in den Machtstrukturen der Partei. Frau Rüdiger bewirbt sich als Spitzenkandidatin.
Bereits am Freitag abend war die Bezirksvorsitzende Heidi Wieczorek-Zeul wiedergewählt worden. Die ehemalige Juso -Chefin und Bundestagsabgeordnete erhielt 212 von 275 gültigen Stimmen bei 54 Gegenstimmen. Die südhessische Parteivorsitzende hatte zuvor das Votum des südhessischen Vorstands für Eichel am Tag nach der Kommunalwahl erneut ausdrücklich verteidigt.
M.B.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen