: Stoß zu, du stolzer deutscher Aar!
Die Junge Union reiht sich in die Phalanx der Rep-Bekämpfer ein - auf ihre ureigene, liebenswerte Art / „Wir werfen links und rechts grundsätzlich nicht in einen Topf“ ■ Aus Bonn Ferdos Forudastan
Der Adler ist so aggressiv wie unsere Demokratie wehrhaft. Er krallt sich jene, die ihm gefährlich werden könnten, und setzt sie außer Gefecht: Autonome und „Republikaner“, Alternative Liste und Hakenkreuzler, Kommunisten und NPD. „Radikalen keine Chance“ - so heißt eine Kampagne, mit der die Junge Union nach der Sommerpause gegen den „politischen Radikalismus“ angehen will; ihr Vorsitzender Christoph Böhr stellte sie gestern in Bonn vor.
Schon im Adler-Emblem auf den Plakaten, Aufklebern und Flugblättern steckt die Grundthese: Rechtsradikal ist so schlimm wie linksradikal und umgekehrt. Deshalb müsse, so Böhr, beides gleichermaßen bekämpft werden - und zwar mit Hilfe „intensiver Aufklärung über politischen Radikalismus“: auf Podiumsdiskussionen, bei Informationsständen und vor allem in den bevorstehenden Wahlkämpfen.
Beim Argumentieren mit den „Radikalen“ soll eine Broschüre helfen, die der JU-Chef ebenfalls gestern in Bonn vorstellte. Mit jeweils zehn Thesen will man belegen, worum es jenen geht, die der Jungen Union anscheinend als einzig ernstzunehmende politische Gefahr gelten: „Republikaner“ und Alternative Liste/Grüne.
Anarchos, orthodoxe Kommunisten, Alt-Nazis und NPd hingegen tauchen nur auf Plakat und Aufkleber als beute des Adlers auf. In der Argumentationsbroschüre kommen sie überhaupt nicht vor.
Fast ausschließlich Zitate aus Reden des „Republikaner„ -Vorsitzenden Schönhuber und aus dem Wahlprogramm seiner Partei sollen unter anderem zum Beweis dafür dienen, daß die Rechtsradikalen den Natiolsozialismus verharmlosen, Fremdenhaß und Ausländerfeindlichkeit schüren, die Pressefreiheit abschaffen wollen, sich eine unkritische und autoritätshörige Jugend wünschen, nationalistisch und unglaubwürdig.
Für die Gleichung Grüne Radikale Kämpfer gegen diesen Staat war kein scheinbarer Beleg zu abgegriffen; in weiten Teilen mußte das Wahl-Programm der AL aus diesem Jahr herhalten: Was Jutta Dithfurt öffentlich zu ihren beiden Abtreibungen gesagt hat, zeige, daß die Grünen den grundrechtlich garantierten Schutz von Ehe und Familie beseitigen wollen. Sie seien - siehe das NRW-Wahlprogramm von 1985 - für Sex mit Kindern. Offensichtlich schwierig war die Suche nach einem Beleg dafür, daß die Grüne Partei nur in den Parlamenten ist, um diese abzuschaffen: Herhalten muß nun ein elf Jahre altes Zitat des grünen Parlamentarismus -Apologeten Joschka Fischer, der „diese Herrschaftsinstitution mit ihrem eigenen Mittel (dem Parlament) ad absurdum führen, also subversiv sein“ will.
Und auch die Grünen schüren nach der Analyse der JU Fremdenhaß und Ausländerfeindlichkeit - „zum Beispiel wegen der Berliner Asylantenregelung“, begründet Böhr.
Dem von den Strategen der Kampagne sicherlich erwarteten Vorwurf, mit der Gleichsetzung von „Republikanern“ und Grünen letztere gezielt zu diffamieren, widerspricht die Broschüre mit einer entlarvenden Begründung: „Wir werfen Linke und Rechte grundsätzlich nicht in einen Topf. Aufgrund unserer besonderen historisch begründeten Verantwortung schadet uns im internationale Ansehen das Aufkommen einer rechtsradikalen Partei mehr, als uns die mittlerweile etablierten Grünen bzw. die Alternative Liste geschadet haben.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen