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Mehr Geld für weniger Rückfälle

Ambulante Maßnahmen statt Jugendknast / Neues Buch über Jugendvollzug  ■ 

Foto: Matthias Leupold

Wie immer er das geschafft hat: Ab 1990 steht dem Justizsenator Volker Kröning eine halbe Million Mark jährlich mehr zur Verfügung, um „ambulanten Hilfen“ als Alternative zum Knast für jugendliche Straffällige auszubauen. Das beschloß der Senat auf seiner letzten Sitzung. Ambulante Hilfen bedeutet: durch Arbeitsauflagen und Erziehungsmaßnahmen vor oder nach dem Knast die Gefangenenzeit entweder möglichst zu kürzen oder ganz durch solche Alternativen zu ersetzen. Zum Vergleich: 1987 gab es „das dünne Rinnsal“ (Kröning) von 856 Mark, 1989 magere 86.000 Mark.

90 Prozent der Jugendlichen, die einmal im Knast gelandet sind, werden wieder rückfällig. Wegen erwiesener Nutzlosigkeit soll der „Drehtür-Effekt“ zwischen klauen, erwischt werden, Knast, wohnungs-und arbeitslos sein, Schuldenberg, Suchtgefährdung, klauen usw. gebremst werden. Knast gliedert nicht ein, sondern aus. Mit zweckgebundenen Zuschüssen sollen freie Träger (Hans-Wendt-Stiftung, Verein Bewährungshilfe, Hoppenbank, Lüssumer Turnverein) mehr sozialpädagogische Angebote für mehr haftgefährdete Jugendliche schaffen: Alltagshilfe, Arbeitsangebote, betreutes Wohnen. Funktionieren soll das mit unbefristet eingestelltem Stammpersonal und zusätzlichen ABM-Reserven. Geschätzter Bedarf: rund 60 betreute Wohnplätze für Jugendliche, 12 für Erwachsene und 12 für Drogenabhängige. Rund 60 bis 100 männliche Jugendliche sitzen in der Bremer Jugendvollzugsanstalt ein, die wenigen straffälligen jungen Frauen sind bereits „voll auf ambulante Alternativen umgestellt“, erklärte der Senator, der das Ganze innerhalb der schlechten Haushaltslage immerhin als „Tupfer fortschrittlicher Kriminalpolitik“ sieht. Mit der neuen eigenen Haushaltsstelle gewinnt der Justizsenator auch ein Stück Unabhängigkeit gegenüber dem Jugend-und Sozialsenator Scherf, dessen Behörde bislang die Angebote draußen bereitstellen und abstimmen mußte.

Natürlich sind solche politischen Maßnahmen nicht bindend für RichterInnen und StaatsanwältInnen. Aber: „Unser geltendes Recht läßt enorme Spielräume - und wir müssen dann nachweisen, daß die Alternativen auch funktionieren“, so Kröning, auch Verfassungssenator, „das ist praktische Kriminalpolitik; Gesetzesänderungen sind meist nur symbolische Handlungen.“

In Zusammenarbeit mit dem Bremer Steintor-Verlag hat der Justizsenator ein Männerbuch herausgegeben, das für JuristInnen, Studierende und Interessierte einige Diskussionslinien um den Jugendstrafvollzug in Bremen und auch bundesweit präsentieren will. Themen: Entwicklungen im Jugendstrafvollzug in der BRD (Frieder Dünkel), 20 Jahre Blockland (von vier Knastmitarbeitern), Jugendstaatsanwaltschaft (Finke), Ambulante Alternativen (Maelicke). Außer viel Lob für die Ausbildungsangebote und den geplanten Wohngruppenvollzug gibt es durchaus selbstkritische Erkenntnisse über die desolate Motivationslage der Bediensteten und der Vollzugsrealität („steht dem angestrebten Ziel unvereinbar gegenüber“). Auf elf Tabellenseiten ist abzulesen, daß Bremen nach Berlin das Land mit der längsten Haftdauer ist, außerdem Delikt -Strukturen, Prognosen usw. S.P

Jugendvollzug im Land Bremen; Bilanz und Perspektiven, Steintor-Verlag, 14,80 DM

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