piwik no script img

Glückwunsch mit Wermutstropfen

■ Auszüge aus Dieter Gautiers DDR-Geburtstagsrede in Schwerin

Liebe Freunde, Genossinnen und Genossen!

„Der Sozialismus ist unser Weg. Die Politik der Zukunft wird eine sozialistische sein - oder es gibt keine Zukunft mehr.“ Mit diesen Worten hat vor wenigen Tagen die Antifaschistin und Demokratin Luise Rinser die Fragen eines bürgerlichen Journalisten, ob der Sozialismus am Ende sei, beantwortet.

Ja, ich könnte es nicht bessser und schöner ausdrücken, daß sich auch meine Hoffnungen und Zukunftsvorstellungen mit dem Sozialismus verbinden. Ein Stück dieser Zukunft habt ihr in Eurem Land verwirklicht. Und deshalb, liebe Genossinnen und Genossen, fällt es mir leicht, Euch ganz herzlich zum Geburtstag zu gratulieren.

Doch, liebe Genossinnen und Genossen, keine Feier ohne Wermutstropfen. Natürlich ist eine Bilanz nach 40 Jahren DDR gerade in der aktuellen Situation unglaubwürdig und unaufrichtig, wenn ich Euch nicht auch sage, daß ich von großer Sorge erfüllt bin und daß es mich tief bewegt, was mir über die Medien der Bundesrepublik tagtäglich an Bildern und Schreckensnachrichteen über viele tausend Menschen, die die DDR verlassen, vermittelt wird.

Ich denke, daß viel Nachdenkenswertes an dem ist, was Chista Wolf in einer Rede zum 50. Jahrestag des faschistischen Überfalls auf Polen gesagt hat: „Alle diese Menschen werden uns fehlen, und ich bedaure es tief, daß die Verhältnisse in der DDR diesen jungen Leuten anscheinend keine wie immer streitbare, konfliktreiche Identifikation mit diesem Staat, und sei es im Widerspruch, ermöglicht haben.“ Ich kann mich dem nur anschließen.

Kampagnen von außen können in der DDR nur Wirkung zeigen, wenn innere Spannungen bestehen, wenn Unzufriedenheit da ist und drängende Fragen nicht angepackt werden. Ich glaube, daß es unabdingbar ist, daß ein humanistisches Gebot wie Freizügigkeit in der sozialistischen DDR verwirklicht wird. Ich glaube, daß es gegenwärtig darauf ankommt, alles zu tun, ein Klima der Offenheit herzustellen und mit den Menschen in der DDR in einen produktiven Meinungsstreit einzutreten. Wir wollen nicht, daß das Erreichte aufs Spiel gesetzt wird. Aber gerade dies Überzeugung bewahrt uns KommunistInnen in der Bundesrepublik nicht davor, unsere Sozialismusvorstellungen neu zu überdenken. Die gegenwärtigen Diskussionen in der Bundesrepublik, die kritischen Nachfragen zu der aktuellen Politik der DDR -Partei-und Staatsführung dürfen bei Euch nicht den Eindruck erwecken, als befänden wwir uns auf dem Weg zurück in die Zeit des kalten Kriegs der 50er Jahre. Wir wollen Euch an dieser Stelle versichern, daß es für KommunistInnen in der Bundesrepublik zu einer sozialistischen DDR keine Alternative gibt.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen