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Nicht immer besser, aber anders

■ „Frauen im Theater“: Podiumsdiskussion zur Frauentheaterwoche ZWILLENZICKENZOTEN

Für drei Theaterworkshops zur Frauentheaterwoche reichte es nicht, das Geld, für eine Podiumsdiskussion zu „Frauen im Theater“ schon. Garstigerweise fiel die in die Zeit, als am Nachmittag des 10. November das grenzauflösende deutsch -deutsche Theater in den Glotzen spielte und frau im Kultursaal der Angestelltenkammer wie Lichtjahre entfernt vom Welttheater saß, das drauf und dran war, in die Stadt einzufahren.

Also: Frauen im Theater. Auch der erprobte Charme der Moderatorin, RB-Kultur-aktuell-Redakteurin Lore Kleinert, vermochte ihren erprobten Fragen nicht das Leben von ehedem wieder einzu

hauchen. Zum Beispiel: Gibt es den subversiven Blick weiblicher Ästhetik? Francesca de Martin, Initiatorin der Woche und freie Schauspielerin („Die Putzfrau“), antwortete pragmatisch: „Das Besondere am Frauentheater besteht darin, daß es von Frauen gemacht wird. Die sprechen anders, die improvisieren anders, das ist überhaupt nichts Neues, nur in Bremen ist das noch was Besonders und außerdem mit diesem Geruch des ach so Minderheitenmäßigen behaftet.“ Zweifelnd Inge Buck, Theaterwisenschaftlerin, die an der Hochschule Bremen lehrt und viel über Schauspielerinnen gearbeitet hat: Selten habe sie „körperlich und intellektuell etwas so gepackt“ wie das Tanztheaterstück über Sylvia Plath. Regisseur: Hans Kresnick.

Mit Frauen arbeitet sich's freier, zitierte Lore Kleinert Lore Stefanek. Freier ist es nicht, sagt Ulrike Johannson, „wilde Frau“ und freie Schauspielerin, nur an

ders: vorsichtiger, sensibler, aber auch weniger herausfordernd. Anders, nicht besser, so ließen sich auch die Erfahrungen von Francesca de Martin, Ulrike Johannson und Ernestine Zielke in „freiem“ gegenüber „unfreiem“ Theater zusammenfassen. In dem es die Frauentheaterbewegung aber auch gäbe, so Moks-Theaterleiterin Ursula Menck, weil die Frauen dort den Druck mehr spüren.

Diesen Druck hatte Ernestine Zielke in der Vorstellungsrunde drastisch geschildert. Keinen Einfluß auf den Spielplan und die Inszenierung als das „Kunstwerk des Regisseurs“. „Die Schauspieler haben ihren Text zu sagen und sonst nichts.“

Inge Buck hatte die Wanderbühnen zwischen 16. und 18. Jahrhundert trotz ihrer elenden Lebensbedingungen als „Glanzzeit der Frauen auf dem Theater genannt“, an das die alternativen Ausbrecherinnen anknüpften.

Waren vorher die Frauenrollen 2000 Jahre von Männern, Knaben und Kastraten gespielt worden, traten mit dem BeginBerufstheersuf den WandehneniFrauen „gleichberechtigt neben den männlichen Schauspielern auf“, erwarben durch öffentliches Auftreten und Mobilität den Weitblick, der sie zur Prinzipalin befähigte, waren nicht zerrissen zwischen Kunst und Leben, weil alles, was ihnen lieb und teuer war, mitwanderte. Und: Sie wurden noch unspezialisiert als Schauspieler-Sänger-Tänzerinnen engagiert. An dem, was danach kam, habe nicht die Männerherrschaft die Entwicklungsfähigkeit der Schauspielerinnen eingeschnürt, sondern die „Verbürgerlichung“, d.h. „die Trennung der künstlerischen Leitung von der geschäftlichen.“ Dagegen Ulrike Johannsmeier:„Wenn man über alles die Kontrolle behalten will, dann wird das auch schlecht.“ Uta Stolle

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