Stadt im Streß

■ Bilanz eines Volksfestes: BVG beförderte vier Millionen Passagiere / BSR sammelte 1.000 Tonnen Müll / BSR-Mülltransporte steckten im Stau

Niemand staunte mehr als der BVG-Chef selbst: „Unglaublich“, wunderte sich BVG-Verkehrsdirektor Lorenzen am Sonntagabend, „was das System zu leisten vermag.“ Sage und schreibe vier Millionen Passagiere haben die Busse und Bahnen der Berliner Verkehrsbetriebe am Samstag transportiert; und am Sonntag war es noch einmal dieselbe Zahl. So lautete gestern eine grobe Schätzung von BVG-Sprecher Günther Hecht. An einem normalen Samstag sind es nur 1,4 Millionen Fahrgäste, sonntags 1,1 Millionen. „Alle Leute haben bis zum Umfallen gearbeitet“, lobte Lorenzen am Sonntag abend. Manche U-Bahn -Fahrer saßen bis zu 13 Stunden „auf dem Bock“.

„Unser größtes Problem ist das Personal“, erläuterte Hecht gestern. Sogar einige Busfahrer der Ostberliner BVB hatten angefragt, ob sie nicht Überstunden hinter den Lenkrädern der Westberliner BVG-Busse ableisten sollten. Das lehnte die BVG ab, so BVG-Personaldirektor Harro Sachße, weil sie niemand ohne Arbeitsvertrag beschäftigen will. Daher bleibt es beim „Akt der Solidarität“ (Sachße) westdeutscher Verkehrsbetriebe. Bereits am Wochenende waren zehn Busfahrer aus Westdeutschland angereist, heute sollen weitere 20 kommen. Sachße rechnet damit, daß demnächst noch einige dutzend Fahrer mehr in West-Berlin ankommen. U-Bahn-Fahrer dagegen wären höchstens in Hamburg und München zu bekommen. Nur die dortigen Verkehrsbetriebe haben ein vergleichbares U -Bahn-System, doch ausgerechnet diese Städte müssen selbst einen Ansturm von DDR-Besuchern bewältigen.

Im Streß steckte auch die Berliner Stadtreinigung (BSR). Am Wochenende schickte BSR-Chef Georg Fischer 300 Handreiniger und Fahrer los - dreimal mehr als an einem normalen Wochenende. Die Vorgesetzten schwärmten durch die Straßen und telefonierten die Straßenkehrer herbei, sobald sie eine „Chance“ (Fischer) sahen, den Müll aufzulesen, den die Menschenmassen hinterlassen hatten. Auf 1.000 Tonnen schätzte Fischer gestern die zusätzlichen Abfallmenge, die das Ost-West-Volksfest hinterließ. Während das Einsammeln nach Fischers Worten „ganz hervorragend geklappt“ hat, entstanden Probleme, als die BSR versuchte, den Abfall den DDR-Gästen hinterherzuschicken. Die Ferntransporter, die den Müll auf die DDR-Deponien Schöneiche und Vorketzin fuhren, blieben auf dem Rückweg an den Grenzübergängen am Kirchhainer Damm und in Staaken im Stau stecken - bislang hatte die BSR diese Übergänge fast für sich allein, seit dem Wochenende teilt sie sie mit Privat-PKWs. Ausgerechnet die zusätzliche Müllmenge von 1.000 Tonnen blieb deshalb vorerst in West-Berlin liegen.

Hmt