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„Ausnahmezustand“

■ Wissenschaftler zu den Auswirkungen der Reisefreiheit / Die „sinnliche Erfahrung“ für DDR-Bürger ist schwer

„Der Ausnahmezustand dauert noch mindestens bis Weihnachten“, meint Gert-Joachim Glaesser, Professor am Zentralinstitut für Sozialwissenschaftliche Forschung an der FU. Sowohl den Ost- als auch der Westteil der Stadt sieht er auf den jetzigen Ansturm in ihrer Infrastruktur nicht vorbereitet. Auch psychologisch ist der Kulturschock noch längst nicht verdaut. Die wirtschaftlichen Auswirkungen zeichnen sich erst ab.

Das „Schockerlebnis“ der DDR-Bürger verläuft nach Ansicht Glaessers in Phasen. Bei der ersten Konfrontation mit dem bisher nur aus dem Fernsehen bekannten Westen seien die Besucher „total überfordert“. Im ersten Anschein stimmten Fernsehbild und westliche Wirklichkeit überein, aber die „sinnliche Erfahrung“ sei für DDR-Bürger sehr schwer. Später würde sich das Bild des Westens auf den Gegensatz von übervollen Schaufenstern und Bettlern vor dem Kaufhauseingang reduzieren. Die DDR-Bürger verfielen dabei de facto in das BRD-Bild der Honecker-Ära vom reichen und gleichzeitig armen Land.

Bei den Auswirkungen des Schocks sieht Glaesser zwei Möglichkeiten: Entweder völlige Perspektivlosigkeit in der DDR, oder aber einen verstärkten Einsatz für Demokratisierung und wirtschaftlichen Umbau.

afp

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