piwik no script img

„Wir lassen uns nicht rausschmeißen“

■ Ausländer aus Ost und West rufen in elf Sprachen zum multikulturellen Treffen am Samstag am Brandenburger Tor auf / „Kommt mit Töpfen, Trommeln, Saxophons, Trompeten...“ - und lärmt gegen die Mauer zwischen Hautfarben und Kulturen

Gemeinsam sind die (fast) wiedervereinigten Berliner überstark. Deutsch-deutsches Stammtischgegröhle, Beleidigungen und nationalistische Pöbeleien in der U-Bahn, ein härterer Verdrängungskampf auf dem Arbeitsmarkt - und katastrophale Auslesehierarchie in den Wohnungsmarktschlangen. So registrieren dies derzeit viele ausländischen BerlinerInnen, besonders auch ausgerechnet in „ihren Kiezen“. Zum Beispiel SO36: Traditionell ausländische, weil vernachläßigte Randstadtteile werden Wochenende für Wochenende zu belebten Durchgangsgegenden... Die Folge: einerseits Freude über die Reisefreiheit der DDR -BürgerInnen - andererseits aber (Existenz-)Ängste, Verunsicherung. Die multikulturelle Gruppe „Nix verboden“ aus der Sprachenschule Babylonia in SO36 will nun offensiv gegen die „Mauer zwischen Hautfarbe und Kulturen“, die bleibt, angehen. Ihre Stoßrichtung: Das Phantom „multikulturelle Gesellschaft muß umgesetzt werden. Zur Aktion „AusländerInnen aus Ost- und West-Berlin zeigt euch!“ sprach die taz mit dem Italiener Saba Laudanna von „Nix verboden“. (Teile des Interviews wurden leider von einer defekten Aufnahmegerät „verschluckt“.)

taz: „Was? Ihr wollt uns rausschmeißen?“ steht in elf Sprachen auf euerem Flugblatt.

Saba: Wir haben auf der Straße in den letzten Wochen das Gefühl gehabt seit der Öffnung der Mauer ist dieses deutsche Nationalgefühl stärker geworden. Außerdem wird die Problematik mit den ÜbersiedlerInnen sehr wahrscheinlich auf dem Rücken der AusländerInnen ausgetragen. Und sehr wahrscheinlich kommen weitere Verschärfungen des Ausländergesetzes hinzu.

Was plant ihr nun am Samstag am Brandenburger Tor, um auf Eure Situation als ausländische BerlinerInnen aufmerksam zu machen?

Wir wollen eine Aktion machen mit Musik und Diskussionen mit anderen Ausländern und allen Deutschen, die Lust haben zu kommen.

Habt ihr euch schon überlegt, wie es für euch weitergehen soll in dieser völlig neuen Situation?

Da gibt es verschiedene Einschätzungen. Auf der einen Seite die, daß der Kampf um ein Ausländerwahlrecht weitergehen muß, auf der anderen Seite, daß es eine große Diskussion geben sollte, um die Verschärfung des Ausländerrechts zu stoppen - und auch eine kulturelle Diskussion beginnen sollte über diese noch phantomartige multikulturelle Gesellschaft...

Habt ihr schon Kontakte mit Ausländergruppen in der DDR?

Wenige. Das ist noch ziemlich problematisch. Sie konnten auch nicht kommen, weil sie Probleme mit Visas haben...

tom

Die Veranstaltung beginnt am Samstag um 14 Uhr am Brandenburger Tor.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen