Einnorden? Kammer-Demokratie!

■ Wie der DGB-Chef in den Angestelltenkammer-Vorstand kam

Lieber Klaus Schloesser, Dein Kommentar und Dein Bericht vom 16.12.89 sind ebenso beleidigend und anmaßend wie halbwahr und irreführend. Die Angestelltenkammer ist keine Dependance des DGB. Allerdings haben die 150.000 WählerInnen den Gewerkschaften des DGB den Auftrag erteilt, bei der Angestelltenkammer die Politik zu bestimmen. Dazu gehört auch, den Vorstand zu wählen unter Beteiligung der Opposition (DAG). Dein Vergleich mit Wandlitz wird den BürgerInnen der DDR nicht gerecht und ist eine miese Entgleisung gegenüber denen, die aus ihrer Überzeugung nach sachlichen und nachvollziebaren Gründen gewählt haben. Vor jeder Vollversammlung finden sogenannte Fraktionssitzungen statt (...) In dieser Fraktionssitzung vom 15.12. hatten die Mitglieder der Vollversammlung überhaupt die erste und einzige Gelegenheit, die Kandidaten kennenzulernen... Es fand eine heftige Diskussion statt, an deren Ende es eine geheime Wahl gab. „Einnorden“? Du, die taz und einige Gewerkschafter dagegen meinen, wenn eine mehrheitliche Entscheidung des DGB-Kreises Bremen den DGB-Mitgliedern in der Vollversammlung über die Presse mitgeteilt wird, dann wäre genug informiert worden. Eine Empfehlung des Kreises Bremerhaven ist dabei nur hinderlich, weil sie anders aussieht als in Bremen. Was die Mitglieder in der Vollversammlung jetzt noch zu tun haben, ist nach Eurer Auffassung: Hände an die Hosennaht und Befehl ausführen und zwar ohne Nachfrage und Diskussion?! Deine Demokratie! Für mich gilt und offenbar auch für die anderen 24 Mitglieder der Vollversammlung, daß ich weder auf Befehl derer abstimme, die meinen für mich zu denken und zu entscheiden, noch daß ich mich von einer öffentlichen Meinungsmache beeinflussen lasse.

Der geschäftsführende Sekretär meiner Gewerkschaft hat Dir Tage vor der Vollversammlung erklärt, die HBV-VertreterInnen würden für Dieter Stratmann stimmen. Mit mir hat Helmut Thiel über dieses Thema nicht gesprochen, er sollte einmal erklären, wie er zu dieser Auffassung kommt.

Der Kammerpräsident Bernhard Baumeister hat übrigens nicht am Vormittag für Dieter Stratmann und am Nachmittag für Siegfried Schmidt votiert. Richtig ist, daß ich im Beisein aller Beteiligten und nicht in irgendwelchen dunklen Ecken den Kollegen Schmidt gebeten habe, wenn keine gemeinsame Lösung gefunden werden könnte, auf eine Kandidatur zu verzichten und stattdessen als Gast an den Sitzungen des Kammervorstandes teilzunehmen. Wenn Du mich schon für das Wahlergebnis an erster Stelle verantwortlich machst, dann gehört es zur Gesamtinformation der taz-LeserInnen, daß der Präsident lautstark und rechtzeitig darum gebeten hatte, doch eine Kollegin für dieses vakante Amt vorzuschlagen. Die Erklärung meiner Vorstandskollegin, es sei nicht möglich gewesen in den sechs Monaten, aus den Reihen der öffentlichen Dienstgewerkschaften in Bremen und Bremerhaven eine geeignete Kollegin zu finden, ist wenig überzeugend.

Bernhard Baumeister, Präsident deer Angestelltenkammer