: In Rumänien wütet das Militär
■ Augenzeugen berichten von mehreren 1.000 Toten / Temeswars Innenstadt zerstört
Berlin (dpa/afp/taz) - Nach Augenzeugenberichten sollen bei den Demonstrationen gegen die totalitäre Herrschaft des Ceausescu-Regimes in Rumänien mehrere tausend Menschen von den Militärs und paramilitärischen Truppen getötet worden sein. Allerdings ist die Informationslage nicht gesichert, da Rumänien sich hermetisch von der Umwelt abgeriegelt hat.
Trotz der blutigen Niederschlagung der Demonstrationen im westrumänischen Temeswar, dem Zentrum des Aufstandes, sollen auch gestern wieder Demonstranten zu Kundgebungen auf die Straße gegangen sein. Panzer und Soldaten hätten die protestierenden Arbeiterkolonnen zunächst umstellt, wären aber nicht gegen sie vorgegangen. Auch in anderen Städten sei der Widerstand nicht gebrochen worden. In Arad, einer Stadt nahe der ungarischen Grenze, sei zudem zum Generalstreik aufgerufen worden. Ein österreichischer Kaufmann meldete über eine Telefonleitung des rumänischen Geheimdienstes dem österreichischen Rundfunk, in Temeswar zögen Militärs von Haus zu Haus auf der Suche nach Demonstranten. Im wesentlichen richteten sich die Repressionen gegen die Angehörigen der Minderheiten. In Temeswar leben neben Ungarn auch Serben und Deutsche.
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tenagentur 'Tanjug‘ meldet, hätten sich die Proteste auch auf Bukarest ausgeweitet. In Iasi an der sowjetischen Grenze sollen Bürger nach Aussagen des sowjet-moldawischen Volksdeputierten Mihai Munteanu Bücher Ceausescus verbrannt haben. Am härtesten müssen allerdings die Kämpfe in Temeswar gewesen sein, wo ein Offizier und zwei Soldaten standrechtlich erschossen worden sein sollen, weil sie den
Schießbefehl verweigert hatten. In der Nacht zu Montag soll die Polizei Krankenhäuser der Stadt nach verletzten Demonstranten abgesucht haben. Ärztliche Karteien von Toten und Verletzten seien beschlagnahmt worden, berichtete die Menschenrechtsliga in Paris. Die Leichen seien auf Lastwagen abtransportiert und vor der Stadt in Massengräbern verbrannt worden.
Bonn rief die Geschäftsträgerin der Bukarester Botschaft zur Berichterstattung zurück und forderte Rumänien auf, unverzüglich die Gewaltanwendung einzustellen.
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