: Premiere am 13.: Portrait des Tötens
■ „La Lunette“ am Samstag im Freiraum-Theater
Vor einem Jahr, noch im alten Jahrzehnt, haben wir es das erste Mal angekündigt: ein Stück soll entstehen im Freiraumtheater mit den 6 Menschen vom neugegründeten Ensemble, über die 1789-er Revolution, uraufgeführt am 14. Juli und angestoßen durch die Bühne, die die „San Francisco Mime Troup“ der freien Theaterscene Bremens hinterlassen hatte. Nun ist das Stück fertig, am 13. Januar hat es Premiere. Was schert uns der 14. Juli, haben sie gedacht, berichtet Freiraum-Leiter und Stückregisseur Jürgen Müller -Othzen. Man hat ein Jahr gebraucht und sich genommen. Das Stück hat sich, auch noch im letzten halben Jahr vor der Geburt noch einmal um und um gewendet, jetzt liegt es vor als dickes Text-und potentielles Drehbuch. Die Text -Erarbeitung ist Jürgen Müller-Othzen, dem Körper-Theater -Mann, wichtig gewesen, gerade weil normalerweise von den Stücken freien Theaters nichts bleibt außer bestenfalls die Erinnerung. Der Text ist entstanden aus historischem Material, einem kleinen Teil dessen, den die Gruppe zur Vorbereitung genommen hat und aus der Improvisation.
Hier die
ZEICHNUNG
REIN
KLEBEN
Der Advokat, Illustration im
Programm von Til Mett
Von den sechs Spielern sind fünf geblieben, die aber sind zusammengewachsen. Es ist merkwürdig, sagt Barbara Weste, wir haben uns ein Jahr lang mit dem Töten beschäftigt, mit der eigenen Möglichkeit dazu, aber in der Gruppe haben wir uns Platz gelassen, da hat jeder den Raum gefunden, den er braucht.
Erarbeitet haben sie ein Stück über das eigene, ganz persönlich mögliche Töten, ein Stück, das sich von der Französischen Revolution sein Material holt, auch manche Figuren, Marats romantische Mörderin Charlotte Corday und den Unbestechlichen Bürger Robespierre, augenschwach aber prinzipienstark, der nach Paris kam, und die Todesstrafe abschaffen wollte. Ein Massentöter, der durch die Revolution, und Traum von Gleichheit und ihre Maschine, die Guillotine, nie selber Blut an die Finger kriegte. Je stärker und strikter jemand mit der Ratio operiert, sagt der Darsteller des Advokaten, Stefan Wiemers, desto weniger kontrollierbar werden die Wünsche, das Unbewußte. Jürgen Müller Othzen erinnert immer wieder an das Ceausescu -Interview, in dem sich an jeder Bluttat unschuldig erklärte. „Ich glaube, er glaubte, was er sagte. Ist es dann unwahr?“
Im „Freiraum“ treffen Corday und Robespierre am fiktiven Ort, dem Varietetheater „La Lunette“ zusammen. „Alle sagen, Robespierre geht nicht ins Theater. Wir behaupten das Gegenteil,“ sagt Müller Othzen. Denn der Spielort ist Theater-Ort, ohnehin nicht real, er ist auch Traum-Ort. Nicht gewertet werden will das Töten, sondern gezeigt, wie es zustande kommt.
Uta Stolle
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen