: Die Roten Khmer behalten das letzte Wort
■ In Paris einigte man sich auf eine fragile UNO-Lösung in Kambodscha
Nie war man sich über eine Konfliktlösung für Kambodscha so einig, wie seit Anfang der Woche. Wie auch immer die Friedensregelung zu guter Letzt aussehen mag, die Roten Khmer stehen einer endgültigen friedlichen Lösung nach wie vor im Wege. Über Jahre haben Diplomaten China die Verantwortung für die erfolglosen Verhandlungen zugeschrieben. Aber seit einiger Zeit suchen auch die Chinesen nach Wegen, sich ohne Gesichtsverlust von ihren Schützlingen zu distanzieren. Seit Mai vergangenen Jahres scheint ihre Position bedeutend flexibler. China ist im Grunde an einem wirklich neutralen Kambodscha interessiert. Vor allem geht es aber darum, die Vormacht Vietnams in Indochina zu verhindern. Allmählich scheint Peking dazu bereit zu sein, Premierminister Hun Sen als Repräsentanten eines neutralen ungebundenen Kambodscha zu akzeptieren.
Dies reflektiert einen Kurswandel der chinesischen Außenpolitik, der die Welt nicht mehr als Einflußsphäre der fünf Mächte Japan, Sowjetunion, USA und China betrachtet, sondern zur Drei-Welten-Theorie mit den konkurrierenden Supermächten UdSSR und USA zurückkehrt; mit dem entscheidenden Unterschied allerdings, daß sich die beiden nun auf Kosten der Dritten Welt zusammenschließen, deren wahrer Repräsentant China zu sein behauptet.
Während der ideologische Konflikt mit der Sowjetunion andauert, hält China verzweifelt nach sozialistischen Verbündeten Ausschau. Nur zwei asatische Länder haben den politischen Umbruch in Osteuropa nicht begrüßt: Nord-Korea und Vietnam. Die Sorge um die sozialistische Zukunft hat bereits eine Verbesserung der Sino-vietnamesischen Beziehungen bewirkt. Diplomatische Bande wurden wieder geknüpft, und zum Geburtstag Ho Chi Minhs wird China mit einiger Sicherheit eine Delegation nach Vietnam entsenden. Die fragile Friedensreglung wird also weniger durch die internationale als durch die innerkambodschanische Entwicklung gefährdet.
Nach den jüngsten Attacken der Khmer-Guerilla geriet ausgerechnet der liberale Verteidigungsminister Tea Banh in die Bredouille. Sein Rücktritt würde eine Rückkehr der pro -vietnamesischen Hardliner ins Politbüro signalisieren. Sollte sich die kambodschanische Führung jedoch wieder Vietnam zuwenden, könnte dies zum jetzigen Zeitpunkt die Chinesen motivieren, erneut die Roten Khmer zu protegieren. Die Pariser Verhandlungen haben Hun Sen den Rücken gestärkt, die Roten Khmer werden jedoch das letzt Wort behalten.
Larry Jagan
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