: Oberzentrum Filmprovinz
■ Keine SPD-Lobby, kein Geld, kein Plan, keine „Tage des unabhängigen Films“
Am 19.9.89 stand auf der Kulturseite der taz die Unwahrheit. Originalton Detlef Ziegert, Mitorganisator der 1. Tage des unabhängigen Films in Bremen und Bremerhavenin der taz: „Nächstes Jahr gibt es das zweite Festival mit dem Titel 'Die 2. Tage des unabhängigen Films'“. Nach der Auswertung des letztjährigen war eine genaue Planung des diesjährigen Festivals anvisiert. Herr Ziegert irrte gewaltig, das weiß er nun.
1990 wird es keine „Bremer Tage des unabhängigen Films“ geben, soviel ist sicher. Die Vorlaufzeit ist zu kurz geworden. Vielleicht wird ein kleiner Film-Workshop stattfinden, aber ein ambitioniertes Festival läßt sich nicht mehr organisieren. Da Bremen klein, arm und vor allem sozialdemokratisch regiert ist, liegen die Gründe auf der Hand.
Detlef Ziegert sagt es frei heraus: „Vom letzten Jahr ist noch so viel Arbeit hängengeblieben, da blieb gar nicht genug Zeit für eine vernünftige Vorbereitung.“ Das ist natürlich nur ein Teil der Wahrheit. Die finanzielle Bilanz ist immer noch nicht stimmig und die inhaltliche Planung für das nächste Filmfest noch nicht einmal ansatzweise festgelegt. Alfred Tews vom Vorstand des Bremer Filmbüros und verantwortlicher Mitorganisator drückt die fünfstellige Schuldenlast im Nacken. Schließlich muß seine Organisation für diese Summe geradestehen. „Unser Konzept war halt sehr kostspielig. Nicht einmal unsere Filmschiff -Aktion hat genug eingebracht.“ Inhaltlich und organisatorisch gibt es für ihn derzeit zu viele gegensätzliche Auffassungen. Die Einbindung Bre
merhavens ist nicht geklärt und über die Zusammensetzung der nächsten Planungsgruppe herrscht keine Einigkeit. „Bis diese Divergenzen nicht geklärt sind, kann einfach nichts laufen“, bekundet auch Günter Wallbrecht vom Filmbüro.
Von verschiedenen Ansätzen und Wichtungen nach den letztjährigen Erfahrungen wollen die OrganisatorInnen in der Öffentlichkeit freilich nicht reden. Es soll weitergehen, irgendwie. Vielleicht im Zweijahres-Rhythmus, vielleicht unter anderen inhaltlichen oder organisatorischen Voraussetzungen - vielleicht. Eines scheint den MacherInnen zumindest klar zu sein. Ohne Zuschuß-Gelder ist Hopfen und Malz verloren. Alle MitarbeiterInnen sind in ihren jeweiligen Zusammenhängen verstrickt (Filmbüro, Con-Film -Verleih, Kommunalkino und Einzelpersonen), da braucht es statt nur ehrenamtlicher OrganisatorInnen bezahlte und professionelle Kräfte.
Kultur kostet Geld. Wenn keins da ist, muß es beschafft werden. Sponsoren sind eine Möglichkeit (im letzten Jahr waren dies die Angestelltenkammer und der Privatsender ffn), öffentliche Gelder sind die andere Möglichkeit. Um an Senatsmittel heranzukommen, bedarf es im sozialdemokratischen Vergabedschungel mindestens zweierlei. Die AntragstellerInnen müssen über Jahre ihre kulturelle Bedeutung für die Behörde herausstreichen, sonst gibt es kein Lottogeld, und diese energieraubende Selbstdarstellung setzt eine langfristige, geeinte Herangehensweise voraus. Die Konkurrenz ist natürlich groß und „Manfred Fluß, Depu
tationssprecher für Wissenschaft und Kunst, möchte am liebsten jeden Pfennig einzeln bewilligen. Zehn bis zwanzig Prozent von der beantragten Summe sind im Bewilligungsfall schon ein guter Schnitt“, erläuterte eine Behördenvertreterin.
Hier schließt sich der Kreis. Das letzte Filmfest war mit viel Engagement durchgeführt worden, doch es verblieben Schulden. Die Neuplanung stockt beim neuen Konzept und eben der Finanzierung. Diese kann nur auf einer breiten Basis funktionieren, doch die Basis hat feine Risse. Die nächste Deputationssitzung ist am 20. Februar. Viel zu spät für eine vernünftige Planung.
Jürgen Francke
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