: Aus den Niederungen der Hochschule
■ Merkwürdige Häufung von Hausberufungen an der FU
Hausberufungen sind nicht von vornherein etwas Anrüchiges. Auch muß in Abrede gestellt werden, daß in diesen Fällen die persönlichen Beziehungen zwischen Rufenden und Gerufenen immer von höherer Qualität sind als die wissenschaftliche Qualifikation.
Problematisch, zumindest nachdenkenswert aber sollte es schon sein, wenn persönliche Beziehung und universitäre Karriere allzu eng miteinander vermischt werden. Um universitäre Seilschaften zu verhindern, formuliert das Berliner Hochschulgesetz denn auch, daß Hausberufungen an einzelnen Fachbereichen „nur in Ausnahmefällen“ berücksichtigt werden dürfen. Der Betrachter wird spätestens dann aufmerksam, wenn sich innerhalb kurzer Zeit Fälle von Hausberufungen häufen.
Dies ist gegenwärtig am Fachbereich Philosophie und Sozialwissenschaften II der Fall. Hier, abseits der großen Fächer, wo sich Religionswissenschaftler, Iranisten, Sinologen und andere Orchideenfächer tummeln, lassen sich mindestens fünf solcher bereits durchgeführten oder kurz bevorstehenden Hausberufungen ausmachen. Im Institut für katholische Theologie setzte sich der ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiter des FU-Professors Bruno Schlegelberger, Mathias Bachmann, gegen auswärtige Mitbewerber durch.
Bei den Sinologen glückte die Hausberufung von Mechthild Leuthner nur deshalb noch nicht, weil die Wissenschaftssenatorin den Berufungsvorschlag des Fachbereichs wegen eines Formfehlers zurückwies. Die Berufungsliste mußte offenbar so überstürzt an die Senatorin weitergeleitet werden, daß keine Zeit blieb, das Votum aller Professoren einzuholen, wie es das Hochschulgesetz vorsieht.
Pikant an diesem Fall auch: Leuthners universitärer Ziehvater Heng-yü Kuo, Mitglied der stockkonservativen Liberalen Aktion, ist, wie an der FU kolportiert wird, ein enger Freund des für seine Intrigen berüchtigten FU -Präsidenten Heckelmann.
Zumindest Fragen des guten Stils wirft auch der dritte Fall des Fachbereichs auf. Am Institut für Iranistik läuft zur Zeit das Habilitationsverfahren der Lebensgefährtin des Dekans Günter Gobrecht, gleichzeitig Mitglied der Habilitationskommission. Als nächster Schritt, so wird aus dem Institut berichtet, plant der Dekan auch in der Berufungskommission mitzuarbeiten, die die frisch Habilitierte flugs auf einen Lehrstuhl hieven soll.
Ähnlich gelagert sind zwei weitere Fälle am Institut für Religionswissenschaft und am Institut für Islamwissenschaft. Ob dieser Häufungen an einem Fachbereich befällt den Beobachter dann doch Zweifel, ob persönliche Bekanntschaften oder wissenschaftliche Qualifikationen, die ohne Zweifel sogar an der FU erworben werden können, für Berufungen ausschlaggebend sind.
thol
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