: Grüne Reise zu gefährlichen Gütern
■ Bremerhaven: Zu wenig Feuerwehrleute, zu wenig Löschwasser, Datenschutz an der falschen Stelle
Eine „Gefahrgutreise“ durch Bremerhaven hatte sich die Bürgerschaftsfraktion der Grünen vorgenommen, um die Bedingungen abzuchecken, unter denen die Sicherheit für Mensch und Umwelt beim Umschlag gefährlicher Stoffe im Hafen stehen. 701.500 Tonnen gefährlicher Güter (aus 4.000 bis 5.000 Stoffen bestehend) sind laut Senatsbericht allein 1986 in den bremischen Häfen umgeschlagen worden. Inwiefern Feuerwehr, Wasserschutzpolizei, Hafenkapitän und Bremer Lagerhaus Gesellschaft für dieses Risikopotential überhaupt sensibilisiert sind, wollten die Grünen herausfinden.
Für die Häfen in Bremerhaven sind im Haushalt der Stadt 40 Stellen für die Feuerwehr vorgesehen. Das Durchschnittsalter der aktiven Brandbekämpfer liege bei
41,1 Jahren. Einsatzfähig seien, u.a. aus Krankheitsgründen, nur 31 Feuerwehrmänner, abzüglich der Besatzung für den Feuerlöschkreuzer. Die Grünen fordern deshalb mit Blick auf die Hafenerweiterung: Stellenausbau.
Noch frappierender sei die Personalsituation bei der Wasserschutzpolizei: 65 % der Beamten seien über 45, davon 45 % über 50 Jahre alt. Bei insgesamt 72 Mitarbeitern schiebt die Wasserschutzpolizei Bremerhaven 5.000 Überstunden vor sich her. 33 % der Kollegen fallen durch Krankheit oder Weiterbildung aus, wobei die Krankheitsdauer schon bei 6 Monaten liege. Auch hier sei trotz der Hafenerweiterung bis jetzt an keine Personalaufstockung gedacht, berichtet Manfred Schramm. Im Gegenteil solle aus Kostengründen 1992 das Feuer
löschboot „Weser“ aus dem Verkehr gezogen, dessen Aufgabe zur Brandbekämpfung ehemaligen Tonnenlegern übertragen werden. Außerdem reiche die Löschwasserversorgung im Hafen nicht aus: Falls ein durchschnittlicher Hafenschuppen mit ca. 10.000 qm brennt, werden rund 15.000 cbm Wasser verbraucht. Nötige Kapazität: 20.000 - 30.000 Liter pro Minute; derzeitige Möglichkeiten: 3.200 Liter. Den Rest müßte die Feuerwehr zur Zeit vom Trinkwasserreservoir abzapfen. Forderung der Grünen deshalb: Ein Löschwassersystem, das auf die Hafenbecken zurückgreift.
Beim Besuch in der Bremer Lagerhaus Gesellschaft fanden die Grünen Mitarbeiter und Betriebsrat hoch sensibilisiert und gut vorbereitet. Die BLG hat eigens
einen Gefahrgutbeauftragten eingestellt. Die BLG nannte aber auch ein immer größeres Problem: Daß die Firmen nämlich immer häufiger die Lagerhaltung von gefährlichen Gütern in den Hafen verlagern und selbst keine Lager mehr halten. Auf die zu erwartenden Giftgastransporte angesprochen, lehnte die BLG jede Beteiligung von vornherein ab.
Beim Hafenkapitän erfuhren die Grünen, daß der seit neuestem über die BrePoS-EDV-Anlage Einblick in sämtliche Angaben der Firmen zu gefährlichen Güter hat. Allerdings haben Wasserschutzpolizei und Feuerwehr aus datenschutzrechtlichen Gründen keinen Zugriff. Dies wollen die Grünen in Zusammenarbeit mit dem Datenschutzbeauftragten geregelt wissen.
ra
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