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Wer zahlt für die Wiedervereinigung?

■ Was hat der Tarifvertrag mit Mompers Deutschlandpolitik zu tun - und welche Rolle spielen dabei die Gewerkschaften?

Als die ErzieherInnen im Dezember mit dem Streik begannen, zogen sie noch gegen einen Senat, den sie nachdrücklich an die Koalitionsvereinbarungen erinnern wollten. Statt der zugesagten KiTas als Bildungseinrichtungen erhalten nun die ErzieherInnen und Eltern politische Bildung in Sachen Deutschlandpolitik. O-Ton Senatsanzeige: „Mit der Wiederherstellung der Einheit unserer Stadt werden wir bald ganz andere Sorgen haben.“ Die wachsende Konfrontation lautet: Opfer bringen für die Groß-Deutschland-Pläne mit Berlin als Hauptstadt, übertüncht mit olympischem Gold? Auf seinem Weg zur Sonne bittet uns der Exportweltmeister, Europas Nr. 1, zur Kasse. Konkret: Momper will zu Lasten der Kinder hier die Anschlußkosten zum Ostteil der Stadt verbilligen. Sind weiterstreikende ErzieherInnen und unterstützende Eltern demnächst schon VaterlandsverräterInnen? Die jahrzehntelange KiTa-Misere ist die Ursache dafür, daß die ErzieherInnen seit nunmehr sieben Wochen streiken und Eltern trotz schier unerträglicher Belastungen diesen Streik zum Teil zunehmend bewußter unterstützen. Dabei wissen sie sich einig, wer jetzt den Streik aufgibt, hat für lange Zeit die Chance vertan, Verbesserungen zu erreichen. Aber keine Zeit für Illusionen: Die Niederlage ist geplant! Momper läßt sich zynisch Zeit: Erstmal abwarten bis zum 18.März, dann... Ohne spürbare Intensivierung und Ausweitung des Streiks ist jetzt gegen diese Ablehnungsfront ein Tarifvertrag mit Inhalt nicht zu haben. Arbeitgeber im öffentlichen wie privaten Bereich werden diesen Streik genau beobachten, und das Ergebnis wird ein Indiz dafür sein, was Arbeitnehmern angesichts des deutschlandpolitischen Kurses zugemutet werden kann. So die stellvertretende Berliner DGB-Vorsitzende Bretz im Dezember. Richtig, aber dann müßten sich ja jetzt eigentlich auch die anderen Gewerkschaften die KiTa-Frage solidarisch zu eigen machen. ‘Halt, ruft da die Gewerkschaftsführung. Solidaritätsstreiks sind verboten. Also ein allgemeines Streikrecht fehlt uns auch noch. Niemand kann die KollegInnen daran hindern, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Freie Träger, Elterninitiativ-KiTas und die Lehrer sind verstärkt gefragt. Ebenso der öffentliche Dienst, hat Momper doch vor, die 248 Stellen durch Umschichtung zu finanzieren. Jeder BVGler weiß, daß ein Bus auch stehen bleiben kann. Betriebsräte, die sich zum Teil sehr für die Unterbringung der Kinder in den Firmen eingesetzt haben, können dieses Thema bis zur Betriebsversammlung bringen. Was dann zu tun ist, entscheiden die KollegInnen. Warum die Frage der Kinder nicht in die beginnenden Tarifrunden nehmen? Und was soll das Einengen der KiTa-Probleme auf Berlin? Die Ausweitung auf die BRD kann nur unterstützend sein, auch wenn Tarifverträge nicht einheitlich aussehen werden. ErzieherInnen können nicht daran gehindert werden, das weitgehende Schweigen der überregionalen Presse und die Begrenzung der Gewerkschaftsführung durch Informationsreisen zu durchbrechen. Erst wenn der politische Schaden größer ist als diese Reformforderungen kosten, wird ein Einlenken der Groß-Deutschland-Politiker erzwungen.

Bernd-Uwe Weitenhagen, Päd. Leiter einer KiTa und Vater zweier KiTa-Kinde

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