piwik no script img

Ein Mann - eine Oper

■ taz-Gespräch mit Petrus Herberstein, Initiator und Intendant, Dramaturg und Dirigent der „Opera Piccola“

taz:Der Name „Opera Piccola“ ist ja ein programmatischer Name. Was ist damit gemeint?

Petrus Herberstein: Eine Oper für junge Leute, aber auch klein, was den Apparat betrifft, sowohl den Orchesterapparat als auch das ganze Verwaltungsmäßige oder Organisatorische da ist schon vom Finanziellen nicht mehr möglich. Aber aus der Not wird Tugend: Ich finde das so viel besser, man ist beweglicher, man kann viel einfacher planen, man kann Opern nehmen, die mir wirklich passen und ich kann relativ leicht auch die Sänger finden für jeweils eine Produktion.

Die Opera Piccola, sind das Sie? Die anderen Beteiligten nur Gäste, oder gibt es ein richtiges Ensemble?

Nein, es gibt kein Ensemble. Das ist einfach finanziell nicht möglich, weil ein so kleines Unternehmen nicht mehr als drei bis vier Produktionen im Jahr machen kann.

Wie lange machen Sie das schon?

Drei Jahre, seit 88 habe ich das gemacht und habe gemischte Produktionen, habe Modernes und Klassisches. Abwechselnd, möglichst, weil ich einfach gern beides hab, und die Sänger das auch lernen sollen, das Moderne. Die sollen sich nicht zwecken. „Moderne“ in Anführungszeichen, die Periode bis 1950, da findet man ein ziemlich gutes Repertoire für Kammeropern.

„Opera Piccola“ heißt ja eigentlich Kammeroper. Wenige

Instrumente, 20, 30; nicht mehr als zehn Sänger, kein Chor, Ballett schon gar nicht. Und ein bissel unkonventionell möcht ich sein.

Können Sie denn davon leben?

Nein, keineswegs. Ich lebe noch von eigenem Geld, das ich mir erspart hab und das ist auch bald einmal aus. Ich hab vorher auch einfach als Angestellter gearbeitet in einem konventionellen Theater, als Souffleur, als Dirigent, als Korepetitor, da hab ich so alles eigentlich durchgemacht und das war mir dann zuwenig. Ich hatte genug von dem Normalbetrieb und hab versucht, die Opera zusammenzutrommeln und mach das wirklich auf niedrigstem Sparniveau aber es kostet trotzdem eine ganze Menge.

Ist die „Opera Piccola“ eine Ausbildungsstätte?

Das klingt irgendwie zu amateurhaft. Ich möchte schon junge Leute haben, die sofort verstehen, was ich brauche, was ich möchte, ich hab schon eine feste Vorstellung, was ich auf die Bühne bringen will. Und die müssen das umsetzen können. Was mir so vorschwebt, sind ausgezeichnete Sänger, die schon fertig sind und dann durch einen wirklich guten Regisseur ihre Schwächen ausbessern können.

Und bis jetzt mache ich zwar die Regie selber, habe Zeit dafür, mich damit abzugeben, daß der Körper auch etwas ausdrückt während er singt. Das ist ziemlich schwer und wird meiner Meinung auch bei den großen Sängern überhaupt nicht gemacht. Mir

schwebt das aber als Ideal vor, daß man zur Musik und zur jeweiligen Gemütslage die entsprechende Bewegung macht. Und da gehört Leben dazu. Und das packt dann auch das Publikum und das ist dann ähnlich wie im Kino, da ist Action drin.

Wieviele Leute sind denn an Ihrem neuen Stück beteiligt, das Sie am Mittwoch im Modernes aufführen?

Sieben Sänger und etwas über zwanzig Musiker.

Warum „La Finta Semplice“?

Weil Mozart einfach ein Komponist ist, der jeden Musiker reizt, das einmal zu machen, weil er gerade für die Aktion geschrieben hat in seiner Musik, daß ich das gerne aufspüre. Beim Studium der Musik möchte ich wissen, was hat er sich denn da für eine Bewegung vorgestellt? Jedenfalls ist

eine Aktion drinnen, durch die Akzente, die drinnen sind. Mozart ist so bindend in der Bewegung, und das aufzuspüren, das hat mich wirklich fasziniert.

Hat Sie auch gereizt, daß das Stück parallel im Goethetheater gespielt wird?

Nein, das ist Zufall. Ich hatte das letzten Sommer schon im Planung, da wußte ich noch nix davon, daß die das auch machen. Wie ich das erfahren habe, da hätte ich das absetzen können, aber ich habe mir gedacht, warum nicht einmal ein Vergleich? Jetzt bin ich zweieinhalb Jahre da und es ist sehr schwer, sich in der Bremer Szene breit zu machen, seine Ellenbogen zu zeigen, jetzt mach ichs einmal. Sowohl musikalisch als auch von der Aktion her - ich trau mich da, mich in den Vergleich zu stellen. Ich kann da nicht

durchfallen.

Was ist anders?

Musikalisch sind das Welten. Ich möchte jetzt niemanden reizen, es ist nur eben verschieden aufgefaßt, ein anderes Konzept. Abgesehen davon, daß ich eine etwas ältere Fassung habe. Ich möchte den kindlichen Mozart ein bißchen herausbringen, das Komische an ihm und das Phänomenale, daß ein zwölfjähriges Kind das geschrieben hat. Mir kommt da das Gruseln, wenn ich daran denke, das ist etwas Unwahrscheinliches, was der da gemacht hat. Und dann ist da etwas Weises, eine Altersweisheit, das ist ja ein Goldoni -Stück, das dem zu Grund liegt, und das ist ungeheuer komisch und doch ist das nicht ein Stück von Gags, sondern da liegt eine tiefe Weisheit drin.

Fragen: step

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen