piwik no script img

Wie hoch ist der Judaslohn?

Ich freue mich darauf, mit den BürgerInnen der DDR zusammenzuleben, aber ich habe Angst davor, wieder auf ihre Kosten zu leben.

Ich möchte durch höhere direkte und indirekte Steuern, durch höhere Zinsen und durch Verzicht auf Einkommenszuwachs den BürgerInnen in der DDR zu einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft verhelfen, die im Besitz der BürgerInnen verbleibt und ihnen Nutzen und Wohlstand bringt; aber ich habe Angst davor, mit meinem Verzicht gleichzeitig der bundesdeutschen Privatwirtschaft die Besitzübernahme und Neugründung von Unternehmen in der DDR zu finanzieren.

Ich freue mich darauf, daß in einer neuen verfassungsgebenden Versammlung auch die ebenso wichtigen Erfahrungen und Lebenswünsche der Deutschen in der DDR in eine deutsche Verfassung einfließen; aber ich habe Angst davor, daß eine DDR-Bevölkerung, die fast 41 Jahre lang „eigenständig und souverän“ auf Hilfe verzichten mußte, ihren Kampf gegen SED-Planung und SED-Willkür führen mußte und die sich letztendlich „eigenständig und souverän“ vom SED-Terror befreite, nunmehr über Artikel 23 Grundgesetz im Rang eines Bundeslandes vereinnahmt und somit „entmündigt“ wird.

Die international geltenden, völkerrechtlich verbrieften souveränen Rechte eines beträchtlichen und gleichwichtigen Teils der Deutschen gehen unter. Wie hoch ist der Judaslohn für diejenigen, die dies betreiben? Besteht der Judaslohn

-wieder in sicheren Parteiposten?

-wieder im Schutz vor Verfolgung (diesmal der SED -TäterInnen) bei Übernahme bundesdeutscher Rechtspraxis aus 41 Jahren?

-im Schutz der bundesdeutschen Privatwirtschaft vor einer eigenständigen Konkurrenz in der DDR? (Die „übernommenen“ Wirtschaftsbetriebe sind dann ja nur noch Konkurrenz für die eigenen ArbeitnehmerInnen in der Bundesrepbulik, also (lieber Herr Breit!) ein willkommenes Druckmittel!)

Alles Fragen, die erst wieder unsere Kinder stellen (dürfen)!

Horst Wesling, Köln

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen