: Ludwig Hettling rufgemordet
■ Solidarität in der Fraktion gesucht / Ärger mit Fraktionschef gekriegt
SPD-Fraktionschef Claus Dittbrenner hatte keine Ahnung und später deshalb allen Grund, stinksauer zu sein: Während sich die Damen und Herren SPD-Abgeordneten am letzten Montag laut Tagesordnung eigentlich mit so entscheidenen Dingen wie einem vereinigten Deutschland befassen sollten, hatte ein rundes Drittel der Anwesenden wichtigeres zu tun. Klammheimlich, aber mit ausgesprochen störendem Getuschel nahmen sie den kollektiven Kampf um die angeschlagene Ehre des Fraktionskollegen, Verkehrspolitikers und stellvertretenden SPD-Landesvorsitzenen Ludwig Hettling auf.
Organisiert von Hettling-Intimus Detlef Griesche zirkulierte ein Zettel durch die Reihen, auf dem qua eigenhändiger Abgeordneten-Unterschrift bescheinigt werden sollte, daß „der Genosse Ludwig Hettling“ Opfer einer „bewußten Rufmordkampagne im Vorfeld der Parteiwahlen, bei denen der Genosse Hettling wieder zum stellvertretenden Landesvorsitzenden kandidiert“ geworden sei. Die in den letzten Wochen laut gewordenen Rücktrittsforderungen wegen Hettlings anhänglicher Liebe zu längst begrabenen Straßenbauprojekten dienten „ausschließlich dazu, den Gegenkandidaten von Ludwig Hettling zu fördern.“ Die Unterzeichner „verurteilen diese öffentliche, die Partei schädigende Rufmordkampagne.“
Von den über 70 Genossen mochten sich allerdings ganze 26 an den Ehrenrettungsversuchen für Hettling beteiligen. Neben einer zahlenmäßigen Niederlage handelten sie sich obendrein den nachträglichen Zorn des gesamten geschäftsführenden Fraktions-Vorstands ein. Claus Dittbrenner tobte nach der Sitzung angesichts der Versuche, die Fraktion hinter seinem Rücken für persönliche Kleinkriege und Karriere-Süppchen zu mißbrauchen. Dittbrenners Standpunkt: Der Knatsch um Ludwig Hettlings Parteivorstandskandidatur hat auf Fraktionssitzungen nichts zu suchen. Und auch Dittbrenner -Stellvertreter Reinhard Barsuhn hätte die Unterschriftenaktion „todsicher unterbunden, wenn ich etwas davon gewußt hätte.“ Zumal Barsuhn, in der Fraktion für Hettlings Steckenpferd „Verkehrspolitik“ zuständig, „auch inhaltlich ganz anderer Meinung als Hettling“ ist. Außer ihren Unterschriften fehlt auch die von Hettlings Parteivorstandskollegin Ilse Janz. Als einziger Promi -Genosse setzte Ex-Bausenator Bernd Meyer seinen Namenszug als letzter Unterzeichner unter die Liste, versah sie allerdings mit zwei Kreuzchen. Ihre Bedeutung erklärt Meyer in einer Fußnote: „Zustimmung ohne Pkt 5“. Unter Punkt 5 heißt es z.B.: „Wir sprechen dem Genossen Ludwig Hettling unser Vertrauen aus und weisen alle Rücktrittsforderungen entschieden zurück.“
Rosi Roland
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