piwik no script img

Deutschlandlied '86

Deutschland, Deutschland over allos

Auf der Straße liegt das Geld

Wenn es gegen Los Krawollos

Gnadenlos zusammenhält

Von Beethoven bis Bergen Belsen

Von Wackersdorf bis Asylantenzelt

Deutschland, Deutschland, hyper alles

Du schönstes Biotop auf der Welt

Deutsche Türken, deutsche Pershings

Deutscher Bigmäc, deutscher Punk

Sollen in der Welt behalten

Ihren alten schönen Klang

Deutsche Cola, deutsche Peepshow

Deutsche Mark und deutsche Samenbank

Solln zu edler Tat begeistern

Uns das ganze Leben lang

Schleimigkeit und Frust und bleifrei

Für das deutsche Tartanland

Darauf laßt uns einen heben

Vorneweg und hinterhand

Schlagstockfrei und Krebs und Gleitcreme

Deutschland, wuchert mit dem Pfund

Kopulier'n im deutschen Stalle

Mutterschaf und Schäferhund

Text: Anonym/Musik: Joseph Haydn

Des Deutschen liebstes Lied darf jetzt mit höchstrichterlicher Genehmigung in beliebiger Variation gesungen, posaunt und verhöhnt werden. Nur die dritte Strophe, so eine gestern veröffentlichte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlruhe, sei im Strafgesetzbuch vor „Verunglimpfung“ geschützt. Dreimal hatten BürgerInnen Verfassungsbeschwerden gegen ihre Verurteilung wegen Verunglimpfung der Hymne bzw. der Bundesflagge eingereicht, allen drei Beschwerden gaben die Richter statt. Im ersten Fall war in dem in Nürnberg erscheinenden Stadtmagazin 'plärrer‘ 1986 die obige Fassung des BRD-Nationalhyme veröffentlicht worden. Der für den Text verantwortliche Redakteur wurde vom Amtsgericht wegen „Verunglimpfung der Symbole des Staates“ zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Diese Entscheidung wurde vom Landgericht sowie vom Bayerischen Obersten Landesgericht bestätigt. Doch damit haben die Gerichte nach Auffassung der Verfassungsrichter in die grundgesetzlich geschützte Kunstfreiheit eingegriffen. Denn bei dem veröffentlichten Text handele es sich „erkennbar um eine Satire“ und damit um ein Kunstwerk.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen