China erinnert sich

■ Peking am Totengedenktag ruhig

Berlin/Peking (adn/taz) - Zum gestrigen Totengedenkfest „Qingming“ herrschte eine gespannte Ruhe in Peking. Der Tiananmen-Platz, symbolischer Wallfahrtsort für die Demokratiebewegung, war regierungsamtlich gesperrt und durch die Polizei umstellt.

Flugblätter waren aufgetaucht, in denen die Bevölkerung zu einem „Spaziergang“ über den Platz aufgerufen wurde. Mit weißen Blumen oder schwarzen Armbinden sollte sie an die Toten vom letzten Jahr erinnern. Doch nichts dergleichen geschah. „Wir hoffen nicht, das sich ein derartiges Chaos wiederholen wird“, hatte Li Peng erklärt. Fernsehteams, die zum Platz vordringen wollten, wurden abgedrängt.

Li Peng bestätigte außerdem, daß die gesuchte Studentenführerin Chai Ling aus dem Land geflohen ist. Chai Ling war eine derer, die im Mai und Juni den Protest auf dem Tiananmen-Platz geleitet hatten. Sie überlebte die Blutnacht vom 3. zum 4. Juni und tauchte unter. Nach Berichten aus Hongkong gelang es der 24jährigen jetzt, zusammen mit ihrem Mann trotz scharfer Grenzkontrollen nach Frankreich zu reisen, wo sich die meisten Exilführer aufhalten. In einer Videoaufnahme von Chai Ling nach ihrer Flucht erklärte sie: „Ich und mein Mann sind in Sicherheit. Es gibt immer noch viele, viele Menschen, die ihr Leben geopfert haben, die Schweiß und Tränen für Freiheit und Demokratie vergossen haben“.

D.J.