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Die Post schlägt Kringel

■ Wie man in den Wald bläst, so hallt es hinaus

Als nach dem Abtritt der maroden Regierung unter SED-Führung die Ministerposten neu besetzt wurden und auch die Zukunft der Blockflöten noch völlig in den Sternen stand, vollzog sich unter dem neuen Kabinett eine kleine, von der Öffentlichkeit in der Zeit der großen Erklärungen kaum bemerkte Wandlung.

Der studierte Landwirt Dr. Klaus Wolf, der als CDU-Mann nach den da noch geltenden Gepflogenheiten, daß nur stets die CDU den Postminister zu stellen habe, jenen Wirtschaftszweig übernahm, beeilte sich, seinen neuen Sessel kippfest zu machen. Er erklärte kühn, das bis dato mit hohen staatlichen Subventionen mehr schlecht als recht funktionierende System des Post- und Fernmeldewesens in ein gewinnorientiertes Staatsunternehmen umwandeln zu wollen. Das war Musik in den Ohren der mit wirtschaftlichen Problemen wahrlich nicht verschonten Übergangsregierung, und dankbar kam man seinem Wunsche nach, ihn zum Generalsekretär dieser zukunftsträchtigen Firma zu ernennen.

Ein kluger Schachzug, wie sich herausstellte. Die wahlsiegreiche CDU konnte beim Gerangel um die Ministerposten diesen einen leichten Herzens an die SPD abgeben, denn die Post bleibt ja trotzdem fest in CDU-Hand. Ein Minister der SPD hat die Ehre der Repräsentation, nur die Geschicke lenkt und leitet weiterhin: der Herr Generaldirektor. Diese schwarze Nachtigall hörte die blutjunge Postgewerkschaft schon trapsen und überlegte laut, ihrem damaligen Minister öffentlich das Mißtrauen auszusprechen, doch ging die Idee in den Konsolidierungsschwierigkeiten der neuen Interessenvertreter wohl unter.

So konnte Herr Wolf auch ungehindert seine Verhandlungen mit der Deutschen Bundespost weiterführen, die von den Gewerkschaftsvertretern als „komisch und undurchschaubar“ bezeichnet wurden. In Direktionskreisen hat das Kind schon einen Namen: Postunion über beide deutsche Staaten. Vernetzung und einheitliche Leitung des Post- und Fernmeldewesens auf gesamtem deutschen Boden. Anlegen einheitlicher Bewertungsmaßstäbe. Rationalisierung nach bundesdeutschem Vorbild.

Das Personal ist willig, denn die zumeist reifen bis älteren Frauen, die in ihrem Leben nie etwas anderes gemacht haben, als bei der Post gearbeitet, möchten ihre Arbeitsplätze natürlich gern behalten. Und die sehen sie bedroht durch die vielen jungen, kräftigen Männer, mit denen in letzter Zeit die Brigaden aufgefüllt wurden. Wilde Gerüchte über geplante Entlassungen kursieren, im Prinzip aber ist Klappe halten angesagt. Bei den Damen, weil sie unsicher sind und bei den neuen Herren, weil sie bei ihrem voherigen Job in der Sicherheit gelernt haben, daß Schweigen Gold ist. Da trifft die Bundespost auf willige Arbeitskräfte. Daß bei gleicher Arbeit durchaus nicht gleicher Lohn geplant ist, sondern circa ein Drittel (was ja durch den Umtauschkurs durchaus nochmal halbiert werden könnte), das macht den Kohl erst richtig fett und so klopften schon manche Firmen an die Postamtstüren und vermeldeten, ihre Warenpakete in die DDR der Post von Ost -Berlin zu überlassen - hier sind die Gebühren nämlich auch um zwei Drittel niedriger, als im Westteil der Stadt.

Die Damen und Herren, welche solche Zusammenhänge durchschauen und die dagegen antreten könnten, die staatlichen LeiterInnen, haben allerdings andere Dinge im Kopf. Die sind teilweise der Meinung, als Boß in dem künftigen Imperium sei man eh verpflichtet, den maßlosen Forderungen der MitarbeiterInnen entgegenzutreten. Außerdem haben einige von ihnen noch ganz andere Probleme - nämlich sich um die Einführung des Berufsbeamtentums zu kümmern. Das ist ihnen wichtig, denn schon längst haben sie begriffen, daß sie den Beamtenstatus mit der begehrten Unkündbarkeitsklausel noch vor der Vereinigung beider deutscher Staaten haben müssen, weil sie sonst - mit ihren ehemals stolz gemachten SED-Karrieren - Gefahr laufen, aus den eigenen, jahrelang die Amtsgewalt verkörpernden Büros vertrieben zu werden. Nicht umsonst wurde es in den Parteiversammlungen regelmäßig ausgewertet, wenn 'adn‘ meldete: „Briefträger in der BRD als DKP-Funktionär mit Berufsverbot belegt!“ Also heißt es: Flugs gewendet und dann vorwärts!

Wenn nun die Dame am Schalter oder im Kiosk von erregten KundInnen immer wieder einmal für die Fehler der ganzen Post verantwortlich gemacht wird, so hebt sie betrübt die Schultern und gedenkt des klugen Ausspruchs, daß nicht nur der Fisch zuerst am Kopf zu stinken beginnt. Tröstlich und wahr ...

kralle

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