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Das Reiswunder am Mekong

■ Vietnam entwickelte sich vom Nahrungshilfeempfänger zum drittgrößten Reisexporteur Mehr Autonomie für die Bauern und eine andere Verteilung des Landes regten die Produktion an

Ho Tschi Minh-Stadt (ips) - Liberale Wirtschaftsreformen haben das südostasiatische Land Vietnam vom Lebensmittelhilfsempfänger zum drittgrößten Reisexporteur der Erde gemacht. Doch dieser Fortschritt hat auch seine Schattenseiten. Es fehlt an geeigneten Lagermöglichkeiten, und auf dem Inlandsmarkt führte das Überangebot bereits zu einem Preisverfall.

Noch vor wenigen Jahren mußte die vietnamesische Regierung an internationale Organisationen appellieren, dem Land Lebensmittel zu schicken, um seine 64 Millionen Einwohner ernähren zu können. Begründet wurden die schlechten Reisernten, die Rationierungen und der Mangel von Hanoi aus mit der Armut des Landes, das von jahrzentelangem Krieg verwüstet sei.

Doch letztes Jahr exportierte Vietnam 1,4 Millionen Tonnen Reis. Mehr konnten nur die USA und Thailand auf dem Weltmarkt verkaufen. Die kommunistische Regierung in Hanoi hatte den Bauern erlaubt, Parzellen für 15 Jahre oder länger zu pachten und die Produkte auf dem freien Markt zu verkaufen.

Der größte Teil der Reisproduktion wurde im südlichen Mekong-Delta, der Reiskammer Vietnams, erzielt. Nur 23 Prozent der Vietnamesen sind dort beheimatet. Dennoch werden dort vierzig Prozent des insgesamt produzierten Reises geerntet. Das „Mekong-Komitee“ der Vereinten Nationen hatte im fruchtbaren Mekong-Delta durch die Errichtung von Bewässerungskanälen den Reisausstoß noch zusätzlich angekurbelt. Auch das Anpflanzen einer zweiten Reisart und die Benutzung von Hochertragssorten hat laut Aussagen von Experten bedeutend zur Mehrproduktion beigetragen.

Heute ist Vietnam allerdings bereits Opfer seines eigenen Erfolges. Für den im Übermaß geernteten Reis finden sich kaum noch geeignete Lager, die Kapazität der Mühlen reicht nicht mehr aus. Die Überproduktion bewirkte einen massiven Preisverfall, so daß einige Bauern die Reishalme schon an die Schweine verfüttern.

Selbst in den nordvietnamesischen Provinzen Than Hoa und Nghe Tinh, für deren Bauern die Regierung noch vor zwei Jahren internationale Hungerhilfe erbitten mußte, haben mehr Autonomie und neue Eigentumsverteilung des Landes die Produktion angehoben. „Durch das Konkurrenzsystem gibt es jetzt auch im Norden Reis im Übermaß“, sagt Le Huu Ti, vietnamesischer Mitarbeiter des Mekong-Komitees. „Die Bauern merken, daß sie nun mehr Geld verdienen können.“

Durch die Hilfe des UN-Komitees bei der Bewässerung konnte auch auf Brachland und auf vormals nur für den Eigenbedarf produzierenden Höfen eine ertragreiche Bewirtschaftung erreicht werden. Die Bauern dürfen heute anpflanzen, wovon immer sie sich Absatz auf dem Markt versprechen.

Auch andere Einzelprojekte wie zum Beispiel das Tam Phuoing Wasserkontrollprojekt im Mekong-Delta, das von Australien und vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNFP) finanziert wird, zeitigten große Erfolge. Die Reisproduktion in Tam Phuoing konnte seit Beginn des Projekts verfünffacht werden. Durch den Bau von mehreren Kanälen wurde das Einfließen von Meerwasser verhindert und so der für den Boden schädliche Salzgehalt reduziert.

In Vietnam selbst wird von den Errungenschaften am Agrarsektor kaum berichtet. Die Regierung fürchtet, damit die Fehler bei der Kollektivierung in der Vergangenheit indirket einzugestehen. Als die Regierung in Hanoi nach ihrem Sieg über die Vereinigten Staaten im Jahre 1975 auch im Südteil des Landes die ländlichen Kooperativen und das System der Preisstützungen einführte, fiel die Reisproduktion in Südvietnam von jährlich sieben Millionen auf vier Millionen Tonnen.

Philip Smucker

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