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Verwirrung um Politik der Contra

Unklarheit über Entwaffnung / Comandante Franklin abgesetzt?  ■  Aus Managua Ralf Leonhard

Hält sich die Contra an die Demobilisierungsabkommen, oder will sie die Regierung erneut unter Druck setzen? Am Wochenende gab es Verwirrung in Managua über die Absichten der Contras. Am vergangenen Freitag hatte der Contra -Generalstab erklärt, daß die Demobilisierung bis auf weiteres ausgesetzt werde. Die „schwindende Autorität der Regierung Chamorro“ und ein „Klima der Unsicherheit, das von den Sandinisten provoziert wird“ ließen eine Waffenabgabe nicht weiter zu.

Keine vierzehn Tage ist es her, daß im entlegenen Bauerndorf El Almendro die feierliche Entwaffnung der Contras begann. „In acht Jahren Krieg haben wir unser Ziel erreicht: Nicaragua hat jetzt eine legitime Regierung“ erklärte damals Israel Galeano, besser bekannt als Comandante Franklin, seinen Truppen. Die Zeit für Frieden und den Aufbau einer neuen Gesellschaft sei gekommen; die Wahlniederlage der sandinistischen Regierung verbuchte er als Verdienst des bewaffneten Kampfes. Unklar ist, ob Franklin inzwischen abgesetzt wurde. Die neue Regierung gab bekannt, seit dem 8.Mai hätten 1.084 Contras ihre Waffen abgegeben. Außerdem habe der Contra-Generalstab erklärt, daß künftig die Entwaffnung von Comandante Ruben koordiniert werde. Oscar Sobalvarro, alias Ruben, hatte schon im April mit General Humberto Ortega und der neuen Regierung ein Demobilisierungsabkommen geschlossen, das von Franklin zunächst nicht gebilligt worden war.

Präsidentin Violeta Chamorro hatte am Freitag ihren Sonderbeauftragten Roberto Ferrey ins Lager von El Almendro geschickt, wo Comandante Franklin jetzt sein Hauptquartier aufgeschlagen hat. Ferrey, der vor einem Jahr selbst noch Mitglied des Contra-Direktoriums war, genießt das Vertrauen seiner ehemaligen Kumpane. Nach seiner Meinung sollten die Sandinisten allesamt ins Exil geschickt werden. Als Ferrey am Samstag von seiner Mission zurückkam, erklärte er, die Demobilisierung gehe weiter. Neue Konzessionen hätte die Regierung keine gemacht. Wenig später aber verkündete Aristides Sanchez, der Schatzmeister der Contras, daß die Demobilisierung ausgesetzt sei.

Von der US-Regierung im Stich gelassen, haben die Contras in mehreren Abkommen ihrer eigenen Entwaffnung zwar zugestimmt. Dennoch geht in Managua kaum jemand davon aus, daß die Männer tatsächlich ins Zivilleben zurückkehren werden. Während sich die Elite-Einheiten der Contras in den sogenannten Sicherheitszonen zusammengezogen haben, sind es vor allem die kriegsmüden, vielfach zwangsrekrutierten Bauern, die ihre Waffen niederlegen.

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