: Eingreiftruppe in Nicaragua?
■ Nach Informationen der US-Friedensbewegung wollen die USA in Nicaragua intervenieren Streik prosandinistischer Gewerkschaften hält an / Bewaffnete Auseinandersetzungen in Managua
Managua/Berlin (taz) - Eine Fallschirmjäger-Einheit der US Armee in Fort Ord, Kalifornien, hält sich nach Informationen aus Kreisen der US-Friedensbewegung für einen Einsatz in Nicaragua bereit. Dort legt eine immer stärker werdende Streikbewegung seit Tagen das gesamte Wirtschaftsleben lahm.
Die Schnelle Eingreiftruppe, die auch an den Invasionen in Grenada (1983) und Panama (1989) beteiligt war, soll in 15 -Minuten-Alarmbereitschaft versetzt worden sein. Das Pentagon hat diese Meldung bestritten. „Das haben sie unmittelbar vor Grenada aber auch getan“, erklärte der Informant, der sich auf eine zuverlässige Quelle innerhalb der Kaserne beruft.
Der Einsatz ausländischer Truppen wird in Nicaragua heraufbeschworen, seit es der konservativen Regierung weder durch Polizei-, noch durch Armee-Einsatz gelungen ist, der streikenden Gewerkschafter Herr zu werden, die alle Ministerien und die wichtigsten Industriebetriebe besetzt halten. Die von sandinistischen Offizieren befehligte Armee, die von Präsidentin Violeta Chamorro zu Hilfe gerufen worden war, entfernte am Dienstag mit Hilfe von Bulldozern die Barrikaden, die die Zufahrtsstraßen nach Managua blockierten, ging jedoch nicht mit Waffengewalt gegen die streikenden Arbeiter vor. Einige der Straßensperren wurden sofort wieder errichtet, sobald sich die Uniformierten zurückzogen. Vizepräsident Virgilio Godoy, der innerhalb der Regierung keinerlei Kompetenzen hat, warf Armee und Polizei am Dienstag abend in einer Pressekonferenz vor, als Ordnungsmacht zu versagen und kündigte die Bildung eines „Komitees zur Nationalen Rettung“ an - eine von Unternehmern und regierungstreuen Gewerkschaften unterstützte paramilitärische Truppe, die den Streik gewaltsam niederschlagen soll. Frau Chamorro hat dieser Gruppe die Autorisierung ausdrücklich verweigert.
Das zentral gelegene Stadtviertel Ciudad Jardin, rund um den ultrarechten Sender Radio Corporacion, wurde Dienstag abend in ein Schlachtfeld verwandelt. Pro-sandinistische Aktivisten hatten versucht, den Sender, der unentwegt zur Gewalt gegen die Streikenden aufrief und die Intervention ausländischer Truppen forderte, zu besetzen. Radio Corporacion wurde nicht nur von seinen Mitarbeitern mit Feuerwaffen verteidigt. Journalisten vor Ort berichten über eine etwa hundert Mann starke Truppe von maskierten Männern, von denen einige eindeutig als ehemalige Contras identifiziert wurden. Ein Soldat wurde von den rechten Aktivisten aus einem Armeewagen gezerrt und mit Machetenhieben schwer verletzt. Im Studio von Radio Corporacion soll ein Lazarett eingerichtet worden sein. Die Gewerkschafter halten ihre Forderung direkt mit der Regierung zu verhandeln aufrecht.
Ralf Leonhard
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